Für eher unrühmliche Schlagzeilen sorgt momentan Daniel Düngel, Vizepräsidendent des Landtags in Nordrhein-Westfalen. Der Politiker der Piratenpartei wird nach Medienberichten wegen Schulden von Gläubigern verfolgt. Gegen ihn soll ein Haftbefehl vorliegen.
Allerdings geht es wohl nicht nur bei Düngel privat, sondern auch in der Berichterstattung über seine Schulden drunter und drüber. Viele Berichte erwecken den Eindruck, als werde der Landtags-Vize wie ein Drogenhändler von der Polizei gesucht. Auch die Leserkommentare der Online-Medien klingen mitunter so, als werde Düngel bald nicht in langweiligen Sitzungen schmoren. Sondern dauerhaft im Knast.
Wenn Düngel lediglich private Schulden hat (und mehr ist momentan nicht bekannt), ist das alles nicht der Fall. Vielmehr ist dem Abgeordneten in diesem Fall nicht die Polizei auf den Fersen, sondern der Gerichtsvollzieher. Dieser treibt offene Forderungen ein. Allerdings nur solche, die von einem Gericht festgestellt worden sind. Also in einem förmlichen Urteil. Oder, wenn es zu einem gerichtlichen Mahnverfahren gekommen ist, in einem Vollstreckungsbescheid. Das geschieht in einem Verfahren, das über mehrere Stufen läuft und in dem sich der Betroffene juristisch wehren kann.
Entweder hat Düngel diese Gegenwehr nicht geleistet. Oder die Forderungen sind berechtigt. Wenn Rechtsmittelfristen bereits abgelaufen sind, kommt es ohnehin nicht mehr darauf an, ob die ursprüngliche Forderung tatsächlich bestand. Normalerweise schicken Gläubiger den Gerichtsvollzieher erst los, wenn der Schuldner keine Rechtsmittel mehr einlegen kann.
Zunächst hält der Gerichtsvollzieher Ausschau, ob beim Schuldner was zu holen ist. Er pfändet Autos, teure Fernseher, Sportboote oder Schmuck. Ist dagegen nichts da (oder für den Gerichtsvollzieher auffindbar), kann er den Schuldner zur sogenannten eidesstattlichen Versicherung bitten. Folgt der Schuldner dieser Einladung nicht, dann kann gegen ihn ein Haftbefehl erlassen werden. Trifft oder findet der Gerichtsvollzieher den Schuldner dann irgendwo, kann er den Haftbefehl vollstrecken. Das allerdings auch mit Hilfe der Polizei, sofern sich der Schuldner widersetzt.
Wichtig ist hierbei aber, dass mit dem Haftbefehl nicht eine Art Untersuchungshaft verbunden ist. Der Haftbefehl ist kein strafrechtlicher Haftbefehl. Deshalb muss der Landtag auch nicht Düngels Immunität aufheben. Die Immunität eines Abgeordneten erstreckt sich lediglich auf den Schutz vor Strafverfolgung.
Der Haftbefehl, über den wir hier reden, hat aber nichts mit möglichen Straftaten zu tun. Der zivilrechtliche Haftbefehl ist nur darauf gerichtet ist, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durchzusetzen. Die „Haft“ darf deshalb auch nur so lange dauern, bis der Schuldner die Formblätter über sein Einkommen und sein Vermögen ausgefüllt hat. Dann muss er sofort wieder entlassen werden, auch wenn er keinen Cent auf den Tisch gelegt hat.
Es kommt auch nicht darauf an, ob das Vermögensverzeichnis richtig ist. Stellt es sich als falsch oder unvollständig heraus, wäre das allerdings eine Straftat. Und dann wirklich Gegenstand eines späteren Ermittlungsverfahrens durch die Polizei.
Die bisherigen Informationen geben aber lediglich was dazu her, dass Düngel private Schulden derzeit offenbar nicht bedient und deshalb massiven zivilrechtlich Ärger hat. Schon das ist extrem unschön und natürlich verheerend für einen herausgehobenen Politiker und seine Partei. Aber kriminell muss Düngel deswegen noch lange nicht sein.
Update: Düngel wird nach eigenen Angaben sein Amt als Landtagsvizepräsident abgeben.