Die deutschen Innenminister sind in großer Sorge. Um die deutschen Handy-und Tabletnutzer. Die werden nämlich, unbestritten, schon mal um ihr kostbares Hab und Gut gebracht. Die Lage ist offenbar so dramatisch, dass die Innenminister gleich an eine staatliche Lösung denken – die zentrale Wegfahrsperre für alle mobilen Endgeräte.
Die Innenminister beklagen in einer Beschlussvorlage (Tagesordnungspunkt 34) die „erheblichen Folgen für die Opfer“ eines Handyklaus. Sie formulieren als Ziel, diese Folgen „deutlich zu reduzieren“.
Nicht etwa durch psychologische Nachbetreuung von fürs Leben geschockten Menschen, die kurzzeitig auf ihren wichtigsten Gebrauchsgegenstand verzichten müssen. Oder präventiven Kurse in den Schulen, ob das Handy in der Jackentasche oder auf dem Cafétisch richtig aufbewahrt ist.
Vielmehr gehen die Innenminister gleich in die Vollen. In Frage komme, so heiß es, „die Unbrauchbarmachung oder erhebliche Erschwerung der Nachnutzung des Beutegutes“. Ansatzpunkt könne dabei die gerätebezogene IMEI-Nummer sein. Wir reden also über die staatliche, jedenfalls staatlich angeordnete Fernsperrung des Geräts.
Eine eigene Arbeitsgruppe soll untersuchen, ob ein zentrales IMEI-Register mit der Möglichkeit der totalen Gerätesperrung aus der Ferne funktionieren könnte.
Mahl ehrlich: Glaubt das jemand? Nach meinem Empfinden geht es hier um was anderes. Nämlich um den Aufbau eines Datenbestandes, der jedes Mobiltelefon zu jeder Zeit sekundenschnell persönlich zuordnungsfähig, auffindbar, steuerbar und (ja, auch) sperrbar macht. Das ist in dieser Form heute noch nicht möglich, wäre aber wie so manches andere ein feuchter Traum vieler Ermittler.
Um das herzensgute Anliegen umsetzen zu können, müsste die Verlustmeldung letztlich vom Handybesitzer kommen und – schon zur Vermeidung von Missbrauch – zeitnah verifizierbar sein. Mit anderen Worten: Ohne eine direkte Verknüpfung von Kundendaten mit den IMEI-Nummern bei der staatlichen Sperrstelle ginge es es offensichtlich nicht.
Dadurch entstünde eine ganz neue Datenbasis, um die Nutzung mobiler Endgeräte über automatische Zugriffe zu kontrollieren. Dass die ebenso erforderliche Schnittstelle tatsächlich nur für Diebstahlssperrungen genutzt würde, kann ich mir nicht vorstellen. Schon die bloße Existenz der Zugriffsmöglichkeit würde andere Begehrlichkeiten wecken. Auch das haben die kurzen Erfahrungen mit der Vorratsdatenspeicherung gelehrt.
Noch merkwürdiger wird die Argumentation der Innenminister, wenn man sich vor Augen führt, dass es längst ähnlich wirksame Sperrmöglichkeiten für mobile Endgeräte gibt. Und zwar zur Genüge. Praktisch jede Security-App – ich nutze etwa AVG Antiviurs Security – bietet diesen Service, und zwar schon in der kostenlosen Variante.
Natürlich holt sich nicht jeder so eine App. Aber rechtfertigt dies eine staatlich verordnete Wegfahrsperre für alle mit kompletter Zwangsregistrierung und Datenstriptease? Nein, das tut es nicht, von den exorbitanten Kosten so einer weiteren Behörde ganz abgesehen. Und dabei gibt es noch nicht einmal irgendwelche Kenntnisse darüber, ob eine wirksame – die Betonung liegt auf wirksame – Sperre überhaupt Handydiebstähle zurückgehen lassen würde.
Nach meiner Meinung ist die plötzliche Sorge ums Wohl deutscher Handynutzer vorgeschoben. Nur, wenn das eigentliche Ziel offen ausgesprochen würde, wäre das Projekt mit einiger Sicherheit schon jetzt am Ende. Das allerdings wäre zweifellos das Beste.