Die Verständigung Mandant – Anwalt ist ja schon so nicht unkompliziert. Aber manchmal hakt es doch gewaltig. Etwa in einem Fall, in dem mich der Mandant mit einer Strafanzeige beauftragen möchte.
Es geht um mögliches Fehlverhalten in der Justiz. Ich habe einige Unterlagen vom Auftraggeber erhalten, das sind aber nur Bruchstücke aus den kompletten Akten. Aus den Papieren ergeben sich schon zarte Hinweise auf das, was der Betroffene zu beanstanden hat. Wie gesagt, Hinweise. Mehr nicht.
Ich finde es da aus meiner Sicht ziemlich logisch, dass ich auf dieser lückenhaften Grundlage keine detaillierte Strafanzeige losschicken kann. Schon mit Rücksicht auf den Mandanten. Dieser hätte ja in erster Linie den Ärger zu befürchten, wenn das Ganze als Falschbeschuldigung angesehen wird. Dann geht nämlich schnell ein neuer Aktendeckel auf, und wieder ist der Mandant Beschuldigter.
Aus meiner Sicht ist deshalb klar: Ich muss die komplette Akte anfordern. Sie lesen. Und erst dann kann ich sagen, ob eine Strafanzeige überhaupt Aussicht auf Erfolg besitzt. Der Auftraggeber ist dagegen der Meinung, ich wüsste mit den paar Blättern genug. Ich soll die Anzeige bitte absenden. Mit guter Begründung, aber auf jeden Fall pronto.
Was den Auftraggeber in Wirklichkeit fuchst, ist etwas anderes. Dass ich für die Aufarbeitung des Sachverhalts Zeit brauche. Die er bezahlen muss. Und am Ende kommt dann sogar noch heraus, dass sich die Vorwürfe nicht halten lassen und eine Anzeige mit mir nicht zu machen ist.
Ich denke, wir müssen die Situation noch mal in Ruhe besprechen. Wenn der Auftraggeber dann seine Geldbörse weiter verschlossen halten möchte, muss ich wohl damit leben, dass er zum nächsten Anwalt weiterzieht.