Ein politischer Missbrauch bei internationalen polizeilichen Fahndungsaufrufen kann nach Einschätzung der Bundesregierung nicht von vornherein ausgeschlossen werden. So umfasse Interpol 190 Mitgliedstaaten, „die nicht ausnahmslos einen europäischen Menschenrechtsstandard aufweisen“, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke.
Dieser Gefahr sei sich das Generalsekretariat von Interpol (IPSG) jedoch bewusst. Die Interpol-Statuten verböten daher ausdrücklich den Missbrauch polizeilicher Fahndungen zu politischen Zwecken. Das IPSG habe zahlreiche Vorkehrungen getroffen, um einen Missbrauch zu verhindern. Auch das Bundeskriminalamt (BKA) berücksichtige die Möglichkeit eines Missbrauchs bei der Sachbearbeitung von Fahndungsfällen.
Jede im BKA eingehende ausländische Interpol-Fahndung werde vor der Umsetzung entsprechend geprüft. Laut den Statuten von Interpol sei es verboten, in Fällen aktiv zu werden, „die von ihrer Natur her als politisch, militärisch, religiös oder rassisch zu bewerten sind“.
Jeder Aufruf von Interpol zur Festnahme und Auslieferung einer Person werde deshalb mit den Statuten der Organisation abgeglichen. Zudem könne sich jedes nationale Interpol-Zentralbüro an das IPSG wenden, wenn Zweifel bestünden, ob ein Fahndungsaufruf im Einklang mit den Statuten stehe und so eine Überprüfung auslösen.
Außerdem, so die Bundesregierung, könne sich jeder Betroffene juristisch gegen einen Fahndungsaufruf wehren. Anlass für die Anfrage der Linken waren mehrere fragwürdige Fahndungsaufrufe, unter anderem auch von türkischen Behörden.