In der Diskussion um die Redtube-Abmahnungen spricht Rechtsanwalt Thomas Urmann bezüglich der redtube-Videostreams von „progressive Download“ und lokalen Kopien auf den Rechnern der Benutzer. Mit dieser Behauptung lehnt sich der Anwalt jedoch sehr weit aus dem Fenster, denn ob die Benutzer tatsächlich Kopien auf ihren Rechnern haben, kann er aus technischer Sicht überhaupt nicht nachweisen.
Bei einem Video-on-Demand-Dienst wie redtube oder auch youtube werden die ankommenden Videodaten zunächst in einem Puffer zwischengespeichert. Dieser Puffer im Arbeitsspeicher (RAM) kann unterschiedlich groß sein, je nach Schnelligkeit der aktuellen Netzanbindung. Bei einer langsamen Anbindung können mehrere Sekunden im Puffer landen, bei einer sehr schnellen Anbindung möglicherweise nur Millisekunden, eh dass das Video zu laufen beginnt.
Sinn der Sache ist ein eine möglichst ruckelfreie Wiedergabe des Videostreams. Nach Ansicht von Urmann wird durch das Voranschreiten des Videos progressiv die komplette Videodatei heruntergeladen und landet schließlich als Kopie im Cache (temporärer Zwischenspeicher) des Internetbrowsers. Was dabei jedoch nicht beachtet wird: Benutzer können ihre Browser auch so konfigurieren, dass die Größe des Caches auf 0 MB gesetzt wird, in dem von mir verwendeten Opera Browser kann man etwa in den erweiterten Einstellungen den Speicher im RAM und den Festplattencache sogar komplett deaktivieren.
Noch offensichtlicher wird es, wenn ich nicht nur den Browsercache deaktiviere, sondern zusätzlich mit einem Live-Linux-Betriebssystem arbeite. Solche Systeme arbeiten ohne vorhandenen persistenten Speicher (also ohne Festplatte, Flash-Speicher oder SSD), so dass gar keine Chance besteht, heruntergeladene Daten in irgendeiner Form persistent zu machen.
Ohne Cache zu browsen bedeutet bezogen auf das Videostreaming, dass nicht nur ein progressives Herunterladen stattfindet, sondern zeitgleich auch ein progressives Löschen der empfangen Videodaten. Somit befinden sich zu jedem Zeitpunkt der Betrachtung des Videos höchstens wenige Sekunden an Daten im flüchtigen RAM. Nach dem Anzeigen im Player werden diese Daten sofort wieder endgültig gelöscht.
Es findet also rein technisch betrachtet in diesem Fall keine Vervielfältigung statt, denn dazu wäre es notwendig eine Kopie der Originaldatei zu erstellen. Eine Kopie wäre eine Datei, bei der jedes einzelne Bit mit der Originaldatei übereinstimmt. Eine solche Datei existiert zu keinem Zeitpunkt auf dem Rechner eines Benutzers, der einen Browser ohne Cache verwendet.
Aus diesem Grunde ist es nicht ausreichend, lediglich die IP-Adressen der Benutzer zu kennen. Die abmahnenden Anwälte müssten auch nachweisen, dass die Benutzer ein mit Persistenz ausgestattetes System und einen Browser mit aktiviertem Cache einsetzen. Das ist mit legalen Mitteln allerdings unmöglich.