In Großbritannien ist es zwar erlaubt, seinen PC zu verschlüsseln. Man wird aber bestraft, wenn man den Behörden das Passwort verweigert. Chefredakteure müssen sich schon seit langem sogenannten DA-Notices unterwerfen. Wenn es nach Auffassung der Regierung die Sicherheit erfordert, dürfen Medien über bestimmte Sachverhalte nicht berichten. Auch bei der Internetnutzung soll es spätestens am Jahresende zu spürbaren Einschnitten kommen.
Vordergründig will Regierungschef David Cameron das Internet von der “Plage Pornografie” reinigen. Jeder Internetanschluss soll künftig mit einem eingebauten Filter versehen werden, der sexuelle Inhalte erst mal nicht anzeigt. Nutzer sollen lediglich die Möglichkeit bekommen, ihren Anschluss auch für (an sich legale) Pornografie – oder was die Regierung dafür hält – freischalten zu lassen.
So weit die offiziellen Vorstellungen. Nach Angaben der Open Rights Group, die sich für Bürgerrechte einsetzt, gehen die Pläne aber weiter. Laut Informationen von Providern, welche die Sperrpläne umsetzen sollen, um eine gesetzliche Regelung abzuwenden, erstrecken sich die Filter auch auf Seiten über Essstörungen, Selbstmord, Rauchen, Alkohol, esoterisches Material und Anleitungen zur Umgehung von Websperren.
Die britische Regierung hebt zwar hervor, jeder Nutzer könne sich die gewünschten Inhalte freischalten lassen. Allerdings setzt das erst mal eine Entscheidung für einen unbeschränkten Netzzugang voraus, den der einzelne auch technisch umsetzen muss. Natürlich kann man sagen, es sind nur ein paar Häkchen in den Einstellungen, schon hat der Nutzer wieder ein unzensiertes Internet.
Also viel Wind um nichts? Constanze Kurz erklärt in der FAZ, warum die Pläne weit gefährlicher sind, als sie sich auf den ersten Blick anhören. Hier begegnet uns ein Argument, das wir auch schon aus der Diskussion um Zensursula kennen.
Internetsperren und Filter bedürfen einer Infrastruktur. Diese Infrastruktur ist von ihrer Gestaltung keineswegs darauf beschränkt, bestimmte Inhalte zu erfassen. Ist es heute Kinderpornografie, können es morgen eben auch andere Dinge sein, die nicht mehr zum Nutzer durchkommen. Dass der Kunde derzeit noch eine Wahl hat, bedeutet ja nicht, dass dies so bleiben muss.
Der nun kolportierte Katalog sperrwürdiger Inhalte spricht ohnehin eine deutliche Sprache. Es stellt sich also schon die Frage, warum sich ein EU-Land Rüstzeug beschafft, mit dem es seine Bürger ebenso von Inhalten fernhalten kann, wie es Diktaturen praktizieren.
Auf einen Aspekt möchte ich noch hinweisen. Macht sich nicht schon derjenige künftig “verdächtig”, der gegenüber seinem Provider für ein freies Netz optiert? Schon allein der Umstand, dass dies geschieht, lässt ja durchaus Rückschlüsse zu. Abgesehen vom sozialen Druck, der darauf gehen wird, nur “sauberes” Internet zu beziehen, wird es nicht lange dauern, bis erstmals aus einer Anti-Filter-Entscheidung auf irgendwelche “Präferenzen” geschlossen wird.
Schöne Aussichten.