Wenn es um die Überwachung der Bürger geht, ist die Deutsche Polizeigewerkschaft ein unermüdlicher Fürsprecher. Ihr Vorsitzender Rainer Wendt lässt keine Gelegenheit aus, um sich auf der Seite von Law & Ordner und auf Kosten der Bürger- und Freiheitsrechte zu positionieren. Umso erstaunlicher, dass dieselbe Organisation plötzlich Datenschutz und Privatsphäre als hohe Güter entdeckt.
Allerdings geht es in diesem Fall nicht um die Menschen im Land, sondern um die Hamburger Polizisten. Ihre Streifen- und Einsatzwagen sollen ab dem nächsten Monat mit einem GPS-Modul versehen werden. So kann die Einsatzzentrale jederzeit den Standort des Fahrzeugs ermitteln.
Dieses Szenario versetzt die Deutsche Polizeigewerkschaft in höchste Aufregung. Ihr stellvertretender Landesvorsitzender Thomas Jungfer diktierte der Hamburger Morgenpost aufgeregt folgendes in den Block:
Die Kollegen werden so überall rund um die Uhr überwacht. Was kommt als nächstes? Der GPS-Chip an der Uniform oder der Barcode unter den Sohlen der Dienstschuhe?
Der Polizeipräsident scheine seinen eigenen Leuten nicht zu vertrauen, mutmaßt der Funktionär. Es gehe offenbar um eine “dauerhafte und verdachtsunabhängige Überwachung”.
Nun mag man sich fragen, wieso es eigentlich so dramatisch sein könnte, dass die Einsatzleitung weiß, wo ein Einsatzfahrzeug sich befindet. So was kann ja durchaus wichtig sein, wenn ein Notruf reinkommt. Bislang musste die Leitstelle den genauen Standort der in Frage kommenden Wagen erst mal abfragen; künftig ist er jederzeit auf dem Bildschirm ablesbar.
Es ist kaum zu leugnen, dass so eine Technik nicht nur unnötige Wege spart, sondern auch Leben retten kann. Deshalb haben ja viele Rettungsdienste schon lange GPS an Bord, vom privaten Güterverkehr mal ganz zu schweigen. Da fotografieren die Mautstellen ohnehin permanent, und kaum eine Spedition verzichtet heute noch auf das private GPS-Tracking ihrer Lastwagen.
Aber Gewerkschafter Jungfer hängt den Datenschutz höher als hoch – warum eigentlich? Am Berufsrecht kann es kaum liegen. Polizeibeamte sitzen normalerweise nur in Polizeiautos, wenn sie im Dienst sind. Im Dienst haben sie sich aber da aufzuhalten, wo es ihr Dienstherr beziehungsweise der Einsatzleiter für erforderlich hält. Da ist auch gesetzlich nicht viel mit Privatsphäre, wenn man seine Arbeit zu erledigen hat.
Überdies betont die Polizeiführung, die GPS-Daten würden nicht gespeichert, sondern nur in der Leitstelle verwendet und sofort überschrieben. Löschfristen sind in der Tat nur eine Zusicherung. Aber eine, auf die sich der normale Bürger auch verlassen muss, wenn er sich beispielsweise Tag für Tag an den unterschiedlichsten Orten videoüberwachen lassen muss, ohne dass sich jemand für seine Privatsphäre interessiert.
Was bleibt also von der Kritik? Womöglich steckt hinter ihr nur die Befürchtung, dass die Kollegen während der Arbeitszeit nicht mehr so einfach Eis oder Pommes mit dem Dienstauto holen können, ohne dass es jemand mitbekommt. Das wäre in der Tat dramatisch, lächerlich dramatisch.