Zu den größten Ärgernissen im Leben eines Autofahrers gehören Punkte in Flensburg. Ich weiß das, weil es in kleineren Bußgeldverfahren fast nie ums Geld geht, sondern nur darum, ob man die Punkte wegbekommt. Meist dadurch, dass man den Richter überzeugt, es bei einer Verwarnung von unter 40 Euro zu belassen, für die es keine Punkte gibt.
Nach knapp 30 Jahren mit reiner Weste hat es mich im Januar 2013 erwischt – ich bin in eine Radarfalle bei Hannover gerauscht und seitdem mit einem Punkt gesegnet. Deshalb interessierte mich an der geplanten Reform der Verkehrssünderkartei besonders, wie die bisherigen Punkte ins neue System umgerechnet werden.
Heute hat der Bundesrat die Punktereform endgültig beschlossen, so dass sie am 1. Mai 2014 in Kraft treten kann. Als Kleinsünder freue ich mich nur verhalten. Denn meine Aussicht, mal die Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen, steigt mit einem Schlag um mehr als 100 %.
Das liegt am Umrechnungskurs: Wer etwa 1 bis 3 Punkte hat, bekommt auf dem neuen Konto gleichermaßen einen Punkt. Auch im weiteren Verlauf ist die Tabelle gestaffelt, vier oder fünf Punkte werden beispielsweise ebenfalls bei der Umrechnung gleich behandelt und schrumpfen zu zwei Punkten.
Allerdings ist das mehr ein optischer Effekt. Denn künftig ist schon bei acht Punkten der Führerschein weg. Bisher musste man 18 Punkte sammeln. Mein Risiko, den Führerschein loszuwerden, steigt also mit der Neuregelung um mehr als das Doppelte. Ohne dass ich was dazu beigetragen hätte.
Auch wenn eine Reform natürlich nie ohne Pauschalisierungen geht – sonderlich gerecht erscheint mir das nicht. Im Strafrecht wäre so eine Regelung übrigens nicht denkbar. Da haben wir den Grundsatz, dass die Strafe nicht nachträglich verschärft werden darf. Überdies muss immer das mildeste Gesetz angewendet werden, auch wenn es erst nach der Tat in Kraft getreten ist.
Allerdings gehört die Verkehrssünderkartei nicht zum Strafrecht im engeren Sinn, auch wenn jeder Punkt gemeinhin als Strafe empfunden wird. Wir reden vielmehr übers Verwaltungsrecht, das kennt so ein strenges Rückwirkungsverbot nicht, auch wenn der Gesetzgeber natürlich nicht alles machen darf. Vielleicht gibt es ja findige Kollegen, die eine Lücke finden – und womöglich für etwas mehr Gerechtigkeit für Kleinsünder wie mich sorgen.