Welchen Wert “Zusagen” der Staatsanwaltschaft mitunter haben, zeigt sich gerade im Münchner NSU-Prozess. Obwohl den Anwälten der Angeklagten Beate Zschäpe zugesagt worden ist, dass ein mehrstündiger Gefangentransport Zschäpes nicht für einen Vernehmungsversuch benutzt wird, machte sich ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes genau daran. Er soll die Fahrt bewusst genutzt haben, mit Zschäpe ins Gespräch zu kommen, um ihr nähere Angaben oder gar ein Geständnis zu entlocken.
Die Reise ging von der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf zum Gefängnis in Gera. Die Angeklagte sollte dort Gelegenheit bekommen, mit ihrer Mutter und Großmutter zu sprechen. Die Großmutter war gesundheitlich angeschlagen, so dass sie nicht nach Köln fahren konnte. Zschäpes Verteidiger Heer soll sich ausbedungen haben, dass seine Mandantin während des Transports weder förmlich vernommen oder “informatorisch befragt” wird – was in so einer Situation allerdings auf das Gleiche hinausläuft. Die Bundesanwaltschaft soll jedenfalls zugestimmt haben, dass Zschäpe während der Fahrt nicht vernommen wird.
Dennoch habe der Beamte versucht, mit Zschäpe ins Gespräch zu kommen. Er versuchte es mit dem Wetter, das auf Fehmarn immer anders sein soll auf dem Festland. Eine Antwort auf die Frage wäre aufschlussreich gewesen, weil Zschäpe auf Fehmarn Urlaub gemacht haben soll. Ein anderes Thema war der Brief, den der norwegische Massenmörder Anders Breivik an Zschäpe geschrieben haben soll. Und letztlich soll auch thematisiert worden sein, ob Zschäpe wirklich nicht aussagen wolle oder ob sie nur dem Rat ihrer Anwälte folge.
Zschäpes Anwälte halten das Gespräch für unverwertbar. Zu recht, meine ich. Man könnte ja noch darüber diskutieren, wenn die Verteidiger nicht vorher interveniert hätten, um ein Aushorchen ihrer Mandantin während des Transports zu verhindern. Dass aber entgegen einer entsprechenden Zusage dann doch versucht wird, etwas von Zschäpe zur Sache zu erfahren, ist im Kern eine verbotene Täuschung, die (auch) gegen das Fairnessgebot in der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Denn gerade in diesem Verfahren war von vornherein klar, dass jedes von der Angeklagten geäußerte Wort gegen sie verwendet werden wird, sofern dies möglich ist.
Deshalb ist es widersinnig, überhaupt anzunehmen, dass so etwas wie eine “informatorische Befragung” überhaupt möglich gewesen wäre. Ganz abgesehen davon, dass die Strafprozessordnung so eine Form der Befragung an sich gar nicht kennt.
Man kann aus der Angelegenheit jedenfalls Lehren ziehen, falls man mal mit der Polizei zu tun haben sollte. Vorsicht ist immer immer angebracht, wenn man als Beschuldigter gedrängt wird zu reden – und sei es angeblich nur “off the record”. Mit Ehrlichkeit ist da nämlich nicht unbedingt zu rechnen.