Sicherungsverwahrung darf nach derzeitigem Stand nur verhängt werden, wenn der Angeklagte nachweislich gefährlich für die Allgemeinheit ist und dies unerlässlich erscheint. Die Einschränkung ist auch Folge des Umstandes, dass der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik mehrfach und eindringlich für Menschenrechtsverletzungen bei der Sicherungsverwahrung gerügt hat und trotzdem an den unwirksamen Vorschriften festgehalten wurde.
Wegen der gravierenden Mängel der bisherigen Vorschriften hat das Bundesverfassungsgericht nämlich letztlich gleich alle gültigen Regeln zur Sicherungsverwahrung für ungültig erklärt und festgelegt, dass bis zu einem neuen Gesetz engste Voraussetzungen für die weitere Unterbringung eines Straftäters auch nach seiner Haftzeit gelten.
Ein neues Gesetz, das die Menschenrechte achtet, soll zwar Mitte des Jahres wirksam werden, zumindest bis dahin müssen sich Gerichte aber bei der Sicherungsverwahrung aufgrund der Übergangsregelung extrem zurückhalten. Nun hat der Bundesgerichtshof ein Urteil aufgehoben, weil er die Sicherungsverwahrung eines verurteilten Straftäters schon an sich für unangemessen hält.
Wegen Mordes sowie diversen Sexualdelikten gegenüber Kindern wurde der Mann zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht Stade hat außerdem die Schwere seiner Schuld festgestellt. Für eine zusätzliche Sicherungsverwahrung ist da nach Auffassung des Bundesgerichtshofs aber kein Raum.
Wenn die besondere Schwere der Schuld festgestellt ist, kann ein zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe Verurteilter nämlich nicht unbedingt darauf hoffen, dass er nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen wird. Das geht in diesem Fall nur erheblich später. Außerdem muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob der Betreffende noch eine Gefahr für die Allgemeinheit sein könnte.
Nach Auffassung der Richter sind diese Voraussetzungen identisch mit den Bedingungen, unter denen derzeit auch eine Sicherungsverwahrung vollzogen werden kann. Konsequenz: Wenn der Betreffende überhaupt einmal auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen wird, muss seine Ungefährlichkeit definitiv feststehen. In diesem Fall käme aber auch eine weitere Sicherungsverwahrung nicht mehr in Frage.
Somit wird durch die zusätzliche Sicherungsverwahrung nach Auffassung der Richter nichts gewonnen, so dass die Maßnahme gegen dem Betroffenen überflüssig war.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Januar 2013, Aktenzeichen 3 StR 330/12