An sich darf man die Steuerklasse nach Belieben wechseln. Einer Begründung bedarf es nicht. Wenn die Steuerklasse allerdings gewechselt wird, um gegenüber der öffentlichen Hand Geld zu sparen, kann dies gegen Treu und Glauben verstoßen. So sah es das Bundesverwaltungsgericht im Fall eines Vaters, der durch einen Steuerklassenwechsel am Kostenbeitrag für seinen pflegebedürftigen Sohn sparen wollte.
Der behinderte Sohn war in einer stationären Einrichtung untergebracht. Die monatlichen Kosten beliefen sich auf 6.500 Euro. Der Vater sollte einen Kostenbeitrag von 635 Euro leisten. Der Kostenbeitrag bemaß sich nach seinem Nettoeinkommen. Deshalb wechselte der berufstätige Mann von Steuerklasse III in Steuerklasse V, seine geringverdienende Ehefrau von V nach III. Hieraus ergab sich für den Vater ein wesentlich niedrigeres Nettoeinkommen, obwohl seine Brutto-Einkünfte sogar noch leicht gestiegen waren.
Das Jugendamt witterte Rechtsmissbrauch. Es lehnte eine Herabsetzung des Kostenbeitrags ab. Das Oberverwaltungsgericht gab dem Mann mit dem Hinweis recht, jeder könne seine Steuerklasse frei wählen. Ein Rechtsmissbrauch liege auch dann nicht vor, wenn der Betroffene öffentliche Kosten spare.
Das Bundesverwaltungsgericht sah es nun in letzter Instanz genau anders rum. Zwar habe der Bürger das Recht, seine Steuerklasse frei zu wählen. Im Einzelfall seien aber Treu und Glauben zu beachten. Werde die Steuerklasse offensichtlich nur gewählt, um Zahlungspflichten zu reduzieren, sei dies möglicherweise rechtsmissbräuchlich. Ob das der Fall ist, muss das Oberverwaltungsgericht klären. Dorthin wurde der Rechtsstreit zurückverwiesen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Oktober 2012, Aktenzeichen 5 C 22.11