KRONZEUGE

Der Mann, den die Gegenseite als „Kronzeugen“ benennt, war schon da. Wir kommen vor dem Gerichtssaal ins Plaudern und dabei erfahre ich, dass er von der Sache an sich gar nichts weiß. Insbesondere erzählt er mir, dass er ein Gespräch, aus dem sich ein Anspuch in sechsstelliger Höhe ergeben soll, niemals geführt hat. „Wäre ja nett“, sagt er, „wenn mir mal einer gesagt hätte, wofür ich als Zeuge benannt werde“.

Natürlich kommt das im Verhandlungstermin gleich zur Sprache. Der Anwalt des Gegners erklärt darauf, er habe den Kronzeugen am Telefon wohl falsch verstanden. Dieser habe ihm offensichtlich nur „vom Hörensagen“ etwas erzählt. Das Gespräch habe eine ganz andere Person geführt, die der Anwalt prompt als Zeugen benennt.

Fragt sich nur, wie man jemanden so grandios missverstehen kann. Zumal in einem Schriftsatz sogar etliche Einzelheiten drin stehen, die der Kronzeuge, der gar nicht dabei war, in dem Gespräch geäußert haben soll.

Da muss einer der Beteiligten mit einer reichlich zweckgerichteten Fantasie gesegnet sein. Um es mal vorsichtig auszudrücken.

Es ging dann recht günstig für uns aus. Der Richter erkannte wegen der zahlreichen Widersprüche keinen konsistenten Sachvortrag. Er sieht deshalb überhaupt keinen Grund, auch nur einen Zeugen zu hören, weil das dann unzulässige Ausforschung sei. Die Klage wurde an Ort und Stelle abgewiesen.

Aber ich will nicht zu früh jubeln. Erst die nächste Instanz ist die Letzte.