VERSEHEN

Sehr schöner Leitsatz des Bundesgerichtshofes (PDF):

Zur Glaubhaftmachung eines Versehens bedarf es nicht der Darlegung von Gründen, die das Versehen erklären könnten.

Was war geschehen? Eine Kanzleiangestellte hatte lediglich die Berufungsfrist gegen ein Urteil im Kalender notiert. Die Berufungsbegründungsfrist hat sie dagegen vergessen. Gleichwohl machte sie auf dem Urteil einen o.k.-Vermerk für beide Fristen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt verwehrte dem Anwalt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Begründung: Normalerweise würden beide Fristen in einem Rutsch notiert, deshalb sei es nicht nachvollziehbar, wieso die Begründungsfrist nicht aufgeschrieben wurde.

Das sieht der Bundesgerichtshof anders. Ihm genügt es, wenn das Versehen glaubhaft vorgetragen wird. Es muss also nicht nachträglich begründet werden.

Dazu auch ein Kommentar von Antje Jungk in den BRAK Mitteilungen 1 / 2005:

Gerade das ist es ja aber, was ein „Versehen“ oder „menschliches Versagen“ ausmacht: nämlich, dass es im Nachhinein nicht erklärbar ist, wieso es nicht so ablief, wie es „nach der Lebenserfahrung“ sollte.