Verantwortungsbereiche

Wenn in Strafsachen Kosten zu erstatten sind, arbeiten die Gerichte in Nordrhein-Westfalen schnell. Meist dauert es keine zwei Wochen, bis die Oberjustizkasse in Hamm das Geld überweist. Doch es gibt leider auch Ausreißer…

Mit so einem Fall durfte ich mich herumschlagen. Ich hatte nach einem Freispruch meines Mandanten dem Gericht meine Kosten mitgeteilt. Das war am 5. Januar 2011. Nichts passierte. Am 17. Mai schickte ich den Antrag erneut ans Gericht. Kann ja sein, dass er beim ersten Mal nicht angekommen ist. Oder in eine falsche Akte sortiert wurde. Auf die Zahlung wartete ich allerdings vergebens. Ebenso auf Rückfragen zur Sache.

Am 29. August 2011 bat ich darum, meinen Antrag zu bearbeiten. Keine Reaktion. Deshalb meldete ich mich am 2. Dezember 2011 wieder. Ich wies darauf hin, dass ich nun schon elf Monate auf mein Geld warte. Für den Fall, dass ich nun erneut nichts hören würde, kündigte ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde an.

Das Gericht verweigerte weiter jede Kommunikation, so dass ich kurz nach dem 1. Geburtstag meines Antrags tatsächlich Dienstaufsichtsbeschwerde einlegte. Pünktlich mit der Eingangsbestätigung für die Beschwerde hatte ich die Zahlung auf dem Konto. Das hatte keine Woche gedauert.

Für mich wäre die Sache damit erledigt gewesen. Aber so eine Dienstaufsichtsbeschwerde muss ja auch beschieden werden. Was mir der Präsident des Amtsgerichts schreibt, ist durchaus bemerkenswert.

Zunächst bestätigt mir der Gerichtspräsident, mein Kostenantrag sei tatsächlich am 7. Januar 2011 eingegangen. Damals sei die Gerichtsakte aber bereits an die Staatsanwaltschaft versandt gewesen. Deshalb habe man die Akte am 10. Januar 2011 zurückgefordert. Und jetzt kommt’s:

Eine Rücksendung der Akte durch die Staatsanwaltschaft erfolgte nicht. Erst aufgrund Ihrer Dienstaufsichtsbeschwerde wurde die Akte von der Staatsanwaltschaft zurückgesandt. … Ich bedauere die späte Erledigung Ihres Antrags, sehe aber in meinem Geschäftsbereich keinen Grund zu dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen. Die Verzögerung durch die Staatsanwaltschaft liegt nicht in meinem Verantwortungsbereich.

Nun ja, das Gericht hat also alles Erforderliche getan, wenn es nach Eingang eines Kostenantrages die Akte bei der Staatsanwaltschaft zurückfordert. Ob die Akte dann tatsächlich zurückkommt und der Kostenantrag somit bearbeitet werden kann, muss das Gericht nicht interessieren. Demgemäß darf es drei weiteren Schreiben, mit denen ich auf den nichterledigten Antrag hingewiesen habe, auch einfach ignorieren – denn die Akte ist ja auf die erste Anforderung nicht zurückgekommen. (Wäre auch mal interessant, wo die Mahnungen abgeheftet wurden, so ganz ohne Akte.)

Mich stellt die Antwort nicht zufrieden. Wieso dürfen normale Erinnerungsschreiben und sogar die Ankündigung einer Beschwerde ignoriert werden? Wenn das der Fall ist, wieso wird bei Eingang einer Dienstaufsichtsbeschwerde dann aber doch bei der Staatsanwaltschaft Druck gemacht, damit diese sich nun doch mal von der Akte trennt?

Aber so lässt sich das Ganze halt als Verzögerung durch die Staatsanwaltschaft verkaufen, für die man nun wirklich rein gar nichts kann. Ich habe mich gefragt, woran dieser Argumentationsstil erinnert. Dann fiel mir Christian Wulffs Anwalt ein.