Wenn Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt werden, sind Auflagen an der Tagesordnung. Dahinter steckt immer die Erwägung, dass es dem Angeklagten ja ansonsten nicht weh tut. Er wäre, sofern er in der Bewährungszeit nicht erneut straffällig wird, gar besser gestellt als jemand, der eine an sich mildere Geldbuße (tatsächlich) zahlen muss.
Das Gericht kann auch noch sogenannte Weisungen erteilen, wenn der Angeklagte Hilfe braucht, um künftig keine Straftaten zu begehen. Im Jugendstrafrecht haben Richter sogar noch weitergehende Möglichkeiten. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ein Jugendrichter im bayerischen Mühldorf seinen Spielraum nicht etwas überdehnt hat. Er ließ zwei 20-Jährige nicht nur im Gerichtssaal verhaften, sondern möchte sie auch noch ein Gedicht auswendig lernen lassen.
Den beiden und einem 17-jährigen Mittäter wurde Brandstiftung zur Last gelegt. Motiv soll Eifersucht gewesen sein, die sich gegen den Vater der Angebeteten richtete. Auf dem Hof von dessen Gebrauchtwagenhandel haben die Angeklagten, so der Vorwurf, drei Autos angezündet.
Wegen der Brandstiftung steckte verurteilte das Gericht die beiden Älteren nicht nur zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und zwei bzw. vier Monaten. Ohne Bewährung, weil diese bei Strafen von mehr als zwei Jahren nicht möglich ist. Vielmehr ließ der Richter auch im Gerichtssaal gleich die Handschellen klicken, obwohl die Betroffenen gegen die Urteile Berufung einlegen können.
Wie die Passauer Neue Presse berichtet, beließ es der Richter nicht bei dieser schon drakonischen Aktion. Er ordnete vielmehr auch noch an, dass die jungen Männer Eduard Mörikes Gedicht “Feuerreiter” auswendig lernen und es ihm am 29. Februar vortragen.
Bei dem dritten Täter, der mit seinen 17 Jahren noch eine Bewährungsstrafe erhielt, könnte ich die Weisung ja noch verstehen. Auch wenn sie schon sehr an altertümliche Erziehungsmethoden erinnert. Eine selbst verfasste Interpretation des Werks wäre ja auch eine Alternative zum sturen Auswendiglernen – wenn das Gericht schon meint, dass Poesie Jugendliche zu besseren Menschen macht.
Aber die beiden Jungs, die jetzt in den Knast gewandert sind? Sie könnten sich vielleicht zu Recht etwas verhöhnt vorkommen. Wobei ihnen letztlich aber auch rechtliche Schritte bleiben, um sich den Feuerreiter zunächst nicht antun zu müssen. Wenn sie Berufung einlegen, wird die Weisung nicht rechtskräftig. Dann war es das vorerst mit dem 29. Februar als Lyrikvormittag auf dem Amtsgericht.
Das letzte Wort zur Weisung hätte dann das Landgericht. Es wäre schon überraschend, wenn Mörike auch dort so große Verehrung fände.
(Danke an Waltraud Becker für den Link)