Haben wir immer schon so gemacht. Und wo kommen wir denn da hin? Eine Einstellung, die man überall findet, somit auch an Gerichten. Am Amtsgericht Hagen stößt jetzt hoffentlich ein einsichtsfähiger Richter einen Umdenkungsprozess in Gang. Er hat eine wichtige Entscheidung dazu getroffen, welche Gebühren ein Anwalt im Mahnverfahren anmelden darf – und stellt sich darin gegen die Vorgaben in den einschlägigen Formularen und in den Köpfen der zuständigen Rechtspfleger.
Es geht darum, ab welcher Höhe das Mahngericht prüfen darf, ob eine Kostenforderung unangemessen ist. Bislang gehen die meisten Mahngerichte davon aus, dass Anwälte nur eine 1,3 Geschäftsgebühr mit dem Mahnbescheid gelten machen dürfen. 1,3 ist die Standardhöhe für den “durchschnittlichen Fall”. Wenn ein Anwalt mehr als 1,3 ansetzen will, zum Beispiel 1,5 oder die gesetzlich höchstmöglichen 2,5, darf er dies. Die Mahngerichte verlangen dann aber üblicherweise von ihm, dass er im Antrag versichert, die Sache sei besonders schwierig oder sehr umfangreich gewesen. Selbst wenn man dies tut, gibt es dann oft Nachfragen, die nicht nur Arbeit machen, sondern auch den Erlass des Mahnbescheids verzögern.
Dabei ist es noch nicht mal richtig, dass eine höhere Gebühr als 1,3 an die genannten Voraussetzungen geknüpft ist. Es gibt nämlich auch noch die sogenannte “Mittelgebühr” von 1,5. Auch diese ist noch eine Standardgebühr, sofern gewisse Umstände es rechtfertigen, der Sache etwas wichtiger als “Durchschnitt” einzuschätzen. Der Richter am Amtsgericht Hagen stellt hierzu fest, dass eben auch die Einordnung des Falles auf das Niveau der Mittelgebühr von 1,5 noch etwas ist, was der Anwalt im eigenen Ermessen vornehmen kann. Hierzu müssten die von den Mahngerichten geforderten Umstände besondere Schwierigkeit oder großer Umfang nicht zwingend vorliegen. Vielmehr dürfe der Anwalt hierzu alle Umstände heranziehen, zum Beispiel auch die Vermögensverhältnisse seines Auftraggebers.
Überdies gelte noch immer der Grundsatz, wonach das anwaltliche Ermessen erst dann nicht akzeptiert werden muss, wenn die Gebühr “unbillig” wird. Das sei aber erst der Fall, wenn sich der Anwalt um mehr als 20 % von dem Betrag nach oben entferne, der tatsächlich angemessen ist. Diesen Spielraum bei der Bewertung müssten die Mahngerichte ebenfalls respektieren. Eine Gebühr von 1,5 wäre wegen der Toleranzgrenze also selbst dann nicht zu beanstanden, wenn der Anwalt sich verschätzt und er an sich nur die Gebühr von 1,3 verlangen kann.
Es besteht nun also die Möglichkeit, eine (oft auch tatsächlich angemessene) Gebühr von 1,5 im Mahnbescheid zu beantragen, ohne sich vor endlosen Rückfragen und einer Blockadehaltung des Mahngerichts fürchten zu müssen.