Das hat man auch nicht jeden Tag. Die Kripo jagt Beweismitteln hinterher, die sie längst bei sich auf dem Präsidium hatte. Allerdings war einer der Beamten besonders schlau. Er gab die Festplatte des Computers, auf der die wesentlichen Unterlagen gespeichert sind, wieder sang- und klanglos an den Beschuldigten zurück.
Das fiel erst später auf, so dass man beim Amtsgericht erneut um einen Durchsuchungsbeschluss bat. Der erging auch prompt, und zwar mit folgendem Wortlaut:
Bereits am 27.04.2010 wurden bei dem Beschuldigten aufgrund eines richterlichen Durchsuchungsbefehls umfangreiche Beweismittel sichergestellt. … Irrtümlicherweise wurde der beschlagnahmte Datenträger wieder ausgehändigt, so dass eine erneute Durchsuchung erforderlich ist.
Gut, Fehler passieren überall. Das eigentlich dicke Ding ist aber, wie es dazu kommen konnte, dass die Festplatte als “sauber” eingeschätzt wurde. Danach haben die Polizeibeamten mit ihrem Auswerterechner 1 versucht, an die Daten auf der Festplatte zu kommen. Als das nicht klappte, nahmen sie Auswerterechner 2 in Betrieb. Hierbei, so heißt es wenig konkret, wurden durch einen “Hardwarefehler” Imagedateien verschoben und teilweise auch gelöscht.
Ein besonders geschulter Beamter sei dann in der Lage gewesen, diese Dateien wieder herzustellen. Allerdings unter neu vergebenen Verzeichnisnamen. Das wiederum kommunizierte er aber nicht oder nicht verständlich, so dass bei einem späteren Abgleich der Images mit dem Datenbestand auf der Festplatte einem weiteren Beamten gar nicht in den Sinn kam, die (nun anderes benannten) Imagedateien könnten sich im Original auf der Festplatte befinden. Dieser Polizist schätzte die Festplatte als unbedenklich ein und händigte sie dem Beschuldigten wieder aus.
Das erinnert mich an einen älteren Fall, in dem ein Mandant von mir Kinderpornos besessen haben soll. Erst später stellte sich heraus, dass der Auswerter vergessen hatte, nach Abschluss der vorherigen Untersuchung das Prüfprogramm neu zu starten. Die Treffer aus dem vorigen Fall wurden bei meinem Mandanten ebenfalls angezeigt. Rausgekommen ist das nur, weil wir vehement auf eine erneute Untersuchung der Festplatte drängten. Sehr schön daran war, dass man uns erst für blöd erklärte, weil es bei dem super zuverlässigen Programm doch gar nicht sein kann, dass Treffer gemeldet werden, wo es gar keine Treffer gibt.
Na ja, alles in allem mal wieder eine praktische Mahnung, technischen Ergebnissen nicht blind zu vertrauen.