Das.Geht.Nicht.

Die Computerkriminalität ist im letzten Jahr gestiegen, wenn man der Polizeilichen Kriminalstatistik glauben will. Wörtlich heißt es in dem heute vorgestellten Report:

Die Computerkriminalität ist im Jahr 2010 um 12,6 Prozent auf 84.377 Fälle angestiegen. Dies ist überwiegend auf eine Steigerung der Fallzahlen beim Ausspähen, Abfangen von Daten einschließlich Vorbereitungshandlungen (+32,2 Prozent auf 15.190 Fälle) und beim Computerbetrug (+18,9 Prozent auf 27.292 Fälle) zurückzuführen.

Bei Delikten, die unter Nutzung des Internets begangen werden, hat das Bundesinnenministerium einen Anstieg von 8,1 % ermittelt. Nach einer Berechnung von Spiegel online teilen sich die Internetdelikte wie folgt auf: Betrugsfälle 46 %, Ausspähen und Abfangen von Daten 25 %, Betrug mit Zugangsberechtigungen 13 %. Den Rest bis auf nahezu 100 % entfällt auf Fälschungsdelikte und Computersabotage.

Es bedarf keiner großen Phantasie, dass die weitaus meisten Taten in den überhaupt von der Statistik erfassten Kategorien das virtuelle Äquivalent von Delikten sind, wie sie auch im wirklichen Leben alltäglich sind. Oder will ernsthaft jemand behaupten, mit Hilfe eines Computers bei ebay abzocken ist per se schlimmer als bei Karstadt mopsen?

Auch im Netz haben wir es also vorwiegend mit einfacher bis mittlerer Kriminalität zu tun. Von daher wundert es schon, wenn der Bundesinnenminister auch die Vorstellung der Kriminalstatistik 2011 dazu nutzt, die Werbetrommel für die Vorratsdatenspeicherung zu rühren:

Die nahezu ungebremsten Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, schaffen spiegelbildlich auch mehr Anreize und Möglichkeiten zu ihrer missbräuchlichen Nutzung. Es muss alles getan werden, um daraus resultierende Schutzlücken – wie zum Beispiel die derzeit fehlende Mindestspeicherfrist von Kommunikationsverbindungsdaten – so schnell wie möglich zu schließen.

Das. Geht. Nicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung klipp und klar gesagt, eine Vorratsdatenspeicherung ist höchstens dann verhältnismäßig, wenn Abruf und Nutzung der Daten auf “schwere Straftaten” beschränkt sind. Man kann munter rumdefinieren oder sich auf den Kopf stellen, aber mit keiner dieser Methoden wird man Klickbetrug, Cybermobbing oder Urheberrechtsdelikte auf die Stufe von Terrorismus und Mord katapultieren.

Deshalb sind die Worte des Innenministers nur ein erneutes Eingeständnis, dass die Politik sich bei ihrem mächtigen Verlangen nach der Vorratsdatenspeicherung nicht mit der Verfassung arrangieren möchte. Sondern dass sie meint, die Verfassung müsse sich nach ihren sicherheitspolitischen Wünschen richten.

So eine Grundeinstellung finde ich fast auch ein wenig kriminell.