Die Ratinger Polizei hat ermittelt und herausgefunden, wer im Jungenklo einer Grundschule gezündelt hat. Langweilig? Nicht unbedingt, wenn man sich das Vorgehen der Polizei ansieht:
Im Zuge der sofort nach dem Ende der Löscharbeiten begonnenen polizeilichen Ermittlungen zur Brandursache, ergab sich sehr schnell ein konkreter Tatverdacht gegen einen siebenjährigen Schüler aus Ratingen, der als letzter Benutzer der Jungentoilette vor Brandentdeckung gesehen worden war.
Hierzu ist ja noch wenig zu sagen. Über den weiteren Verlauf dagegen schon etwas mehr:
In einer Befragung durch Schulleitung und Polizei verwickelte sich der Junge zunächst in Widersprüche, bevor er die Brandlegung schließlich ohne Nennung eines Motivs einräumte.
Gut, kann man sagen, sollen sie das Kind ruhig in die Mangel nehmen. Er ist noch keine 14 Jahre alt und damit strafunmündig. Deshalb wird das Verfahren sowieso eingestellt. Wegen seiner Strafunmündigkeit gilt der Jugendliche formal auch nicht als Beschuldigter, weshalb er – streng genommen – nicht über die Rechte eines Beschuldigten belehrt werden muss. Zu diesen Recht gehört etwa das umfassende Schweigerecht und die Möglichkeit, einen Anwalt zu konsultieren.
Kurz gesagt: Man kann dem Jungen nichts, deshalb hat er auch keine strafprozessualen Möglichkeiten.
Was mich aber nachdenklich stimmt, ist folgender Satz:
Der siebenjährige Grundschüler wurde nach seiner Anhörung an die Mutter übergeben, welche man dabei über die polizeilichen Ermittlungsergebnisse aufklärte.
Entweder ist niemand auf den Gedanken gekommen, dass man einen Siebenjährigen zu solchen Dingen vielleicht besser in Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten befragt. Vor allem, wenn es um Widersprüche geht. Und um Geständnisse, die noch nicht mal die Angabe eines Motivs enthalten. Oder man hat daran gedacht, es aber im Interesse eines schnellen Erfolges aus „taktischen“ Gründen sein gelassen.
Ich tippe auf letzteres. Polizeibeamte neigen nach meiner Erfahrung dazu, Eltern außen vor zu lassen. Es gibt zwar Regeln in den Polizeidienstverordnungen, die eine möglichst frühe Information an die Eltern Minderjähriger vorsehen. Aber die Vorschriften sind von Land zu Land unterschiedlich. Vor allem aber haben sie keine Außenwirkung, das heißt als Betroffener kann man sich nicht unmittelbar berufen.
Dementsprechend wird immer erst mal gern „angehört“ und das Geständnis niedergeschrieben. Erst dann erfolgt der Anruf bei Mama und Papa. Dem Kindeswohl dürfte so was kaum zuträglich sein. Immerhin empfinden ja selbst Erwachsene die Konfrontation mit der Polizei als Ausnahmesituation.
Es kann überdies kaum richtig sein, dass ein tatverdächtiges Kind formal als Nichtbeschuldigter angehört wird, dann aber noch nicht einmal die Rechte haben soll, die sogar einem Zeugen zustehen – nämlich überhaupt nicht mit der Polizei zu reden.
Es ist auch schwer nachvollziehbar, wieso ein Beschuldigter das Recht auf einen Anwalt hat (und hierüber belehrt werden muss), die Vernehmung eines Kindes aber nicht so lange warten kann, bis zumindest ein Elternteil anwesend ist.
Ich meine deshalb, Kinder sollten grundsätzlich nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis ihrer Eltern als Quasi-Beschuldigte „angehört“ werden dürfen. Denn nur die Eltern können absehen und entscheiden, ob es vielleicht nicht sinnvoller ist, einfach gar nichts zu sagen und nach Hause zu gehen.