Die Seite JuraBlogs.com ist wieder online. Der Provider hatte sie gestern abgeschaltet (siehe den vorigen Eintrag).
Nun ist Näheres bekannt: Die Lorraine Media GmbH, eine Modelagentur mit diskussionswürdigem Geschäftsmodell, hatte sich an Kommentaren gestört, die direkt auf JuraBlogs abgegeben worden waren. Die Beschwerde ging an die Firma Hetzner, den technischen Provider von JuraBlogs. Dort soll, so eine Darstellung der Firma Hetzner im hauseigenen Forum, ein Mitarbeiter versucht haben, die Betreiber von JuraBlogs telefonisch zu erreichen. Das sei aber nicht möglich gewesen, angeblich weil die hinterlegten Kontaktdaten nicht stimmten.
Darauf habe sich der Mitarbeiter entschieden, den gesamten Server vom Netz zu nehmen, um, jetzt kommt’s wirklich dicke, “ eine Reaktion des Betreibers zu erhalten“. Wenn diese Darstellung stimmt, schaltete Hetzner den JuraBlogs-Server nicht in erster Linie ab, um sich dem „Druck“ irgendeines Anspruchsstellers zu beugen, sondern um den eigenen Kunden dazu zu bringen, sich bei Hetzner zu melden.
Dementsprechend ist der Server dann heute morgen auch anstandslos wieder hochgefahren worden, nachdem die Betreiber von JuraBlogs Hetzner noch am Vorabend kontaktiert haben. JuraBlogs hat jetzt Gelegenheit, die Sache mit der Lorraine GmbH juristisch zu klären – wenn denn hierzu Bedarf besteht.
Für mich persönlich klingt das alles offen gesagt noch viel schlimmer, als es zunächst den Anschein hatte.
Beanstandet wurden Inhalte, die Dritte auf JuraBlogs hinterlegt haben. Ein klassischer Fall der Forenhaftung. Der Anbieter, also JuraBlogs, haftet für diese Kommentare frühestens, nachdem diese beanstandet wurden. Dabei muss JuraBlogs zügig reagieren, wobei zügig eine angemessene Prüfungsfrist einschließt.
Provider Hetzner ist als technischer Dienstleister da erst mal außen vor. Der Anbieter haftet grundsätzlich nicht für Inhalte, die Kunden einstellen. Eine Störerhaftung kommt für den Provider normalerweise nur bei offensichtlich strafbaren Inhalten (z.B. Kinderpornografie) in Betracht – nachdem er auf diese hingewiesen wurde. Bei zivilrechtlichen Ansprüchen ist erst mal der Anbieter selbst in der Pflicht, und auf diesen darf der Provider verweisen.
Von dicker Luft für Hetzner kann also zunächst mal keine Rede sein.
Aber es geht ja offenkundig gar nicht darum, dass Hetzner große Sorge wegen des „Hinweises“ hatte. Vielmehr sollte mit der Abschaltung eine Rückmeldung des Kunden erzwungen werden, nachdem dieser nicht sofort telefonisch kontaktiert werden konnte.
Dieses Vorgehen könnte man ja noch, wenn auch unter größten Mühen, nachvollziehen, wenn JuraBlogs eine Internetleiche wäre. Ein Blick auf die Seite hätte jedoch genügt, um dem Support-Mitarbeiter klar zu machen, dass es sich mit Sicherheit nicht um ein verwaistes Angebot handelt, für das jemand sich quasi nur aus Versehen monatliche Serverkosten vom Konto abbuchen lässt.
Dementsprechend ist es natürlich schon sehr zu kurz gesprungen, einfach eine Internetseite abzustellen, weil der Kunde gerade nicht ans Telefon geht.
Am Rande: Ausweislich seines Twitter-Accounts arbeitet JuraBlogs-Mastermind Matthias Klappenbach übrigens derzeit in San Francisco. Vielleicht hatte er einfach keine Lust, morgens um vier ans Handy zu gehen.
Nachtrag 1: Laut Matthias Klappenbach räumt Hetzner Versäumnisse ein. Er zitiert aus einer Stellungnahme des Unternehmens:
„Leider wurde der übliche interne Ablauf der Abuse-Bearbeitung in diesem Fall nicht fehlerfrei eingehalten. Durch unglückliche Umstände wurde die Abuse-Meldung erst am gleichen Tag des Fristablaufes des Beschwerdeführers bearbeitet. Aufgrund der
Dringlichkeit wurde deshalb versucht, den Vertragspartner ausschließlich per Telefon zu erreichen und nicht, wie üblich, die Kontaktaufnahme per E-Mail.
Trotz bewährter Abuse-Policies sind Fehler nicht völlig auszuschließen. Wir werden jedoch versuchen, die Abläufe weiter zu optimieren. Gleichzeitig möchten wir alle Kunden bitten, ihre Kontaktdaten auf Richtigkeit zu überprüfen.“
Das Schreiben der Modelagentur ging laut Klappenbach bei Hetzner am 13.01. ein – bearbeitet wurde es wohl erst kurz vor Verstreichen der Frist am 18.01.
Vor diesem Hintergrund wäre es vielleicht auch eine Idee gewesen, nicht den Ausknopf für JuraBlogs zu drücken, sondern bei den Anwälten der Modelagentur um eine Fristverlängerung zu bitten.
Nachtrag 2: Matthias Klappenbach schildert den Vorgang auf JuraBlogs
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