„11 Uhr: Die Demonstranten probieren eine neue Taktik aus: In kleineren Gruppen versuchen sie immer wieder, auf die Gleise zu stürmen. Dabei verteilen sie sich auf mehreren hundert Metern Länge. Gelingt es einer Aktivistengruppe, an die Schienen zu kommen, tragen sie für kurze Zeit Schotter ab – werden aber sofort wieder von den Polizisten verdrängt.“
Ist den Aktivisten gegen den Castortransport eigentlich klar, was sie da tun? Ich fürchte, sie halten das „Schottern“ nur für eine originelle Weiterentwicklung des passiven Widerstands durch Blockaden. Ist es aber nicht. Das liegt am Strafgesetzbuch. Aktionen, welche die Sicherheit des Bahnverkehrs beeinträchtigen, werden nach § 315 Strafgesetzbuch bestraft. Gerichte werden das Schottern ohne viel Aufhebens als eine Beschädigung oder Beseitigung von Anlagen ansehen (§ 315 Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch) oder zumindest als „ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff“ (§ 315 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch). Nicht ganz zu Unrecht übrigens.
Natürlich wird beim polizeilich und medial überwachten Schottern die Höchststrafe von zehn Jahren Gefängnis kein Thema sein. Allerdings sollten sich diejenigen, die zu dieser neuen Form des Protestes greifen, über die möglichen Folgen klar sein. Unter sechs Monaten Freiheitsstrafe läuft bei einem gefährlichen Eingriff in den Schienenverkehr normalerweise nichts. Selbst bei einem minderschweren Fall drohen noch drei Monate Haft.
Bei so manchen Interviews habe ich das Gefühl, die Aktivisiten wissen zwar, dass sie Ärger mit dem Gesetz bekommen, denken aber eher an Konsequenzen wie fürs Schwarzfahren oder den ersten Diebstahl im Drogeriemarkt. Damit dürften sie aber deutlich daneben liegen. Was schade ist, denn durch den unbedarften Abschied von der Gewaltfreiheit verbauen sich gerade junge Leute heute ihre persönliche Zukunft.
Die Verantwortung tragen jene Oberaktivisten, die das Schottern als Bagatelle darstellen. Das ist es nicht. Aber beim bösen Erwachen vor Gericht sind die Schönfärber dann ja nicht mehr dabei.