Die Freiburger Verkehrs-AG setzt auf Videoüberwachung. Das Nahverkehrsunternehmen hat nicht nur in Straßenbahnen Kameras aufgehängt. Die Firma überwacht mit 40 weiteren Außenkameras, die teilweise an Privathäusern angebracht sind, auch Haltestellen, Fahrtstrecken, Straßen und Häuserfronten. Diese Kameraüberwachung hat nun Folgen. Die obersten Datenschützer im baden-württembergischen Innenministerium fordern den Verkehrsbetrieb schriftlich zur kameratechnischen Abrüstung auf.
In der Tat ist es imposant, wie die Freiburger Verkehrs-AG einen erheblichen Teil des städtischen Raums elektronisch überwacht. Aus der Bestandsaufnahme des Innenministeriums:
Die 40 schwenk- und zoombaren Kameras befinden sich in der Regel in der Nähe von Haltestellen. Die Kameras sind so leistungsfähig, dass Personen oder Kfz-Kennzeichen auch dann noch deutlich erkannt werden können, wenn diese mehr als 100 Meter vom Kamerastandort entfernt sind. Mit deren Hilfe ließe sich im Innenstadtbereich etwa auch beobachten, welche Personen einen einen bestimmten Laden oder ein Lokal betreten oder wieder verlassen. Bei einigen Kameras ist es technisch möglich, die Kameras so zu schwenken, dass damit private Wohnungen, Balkone oder Grundstücke erfasst werden.
Die Aufsichtsbehörde will zwar nicht ausschließen, dass eine „sanfte“ Videoüberwachung zulässig sein könnte. Dann müsste sie aber auf die Haltestellen sowie die Gleiskörper beschränkt sein und dürfe nicht den daneben liegenden Raum erfassen. In der jetzigen Form halten die Datenschützer die Videoüberwachung für einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Passanten und Anwohnern. Diese seien möglicherweise noch nicht einmal Kunden der Verkehrsbetriebe. Jeder Passant und Bewohner habe das Recht, im öffentlichen Raum und natürlich auch in seiner Wohnung unbeobachtet zu bleiben. Ausnahmen gebe es nur, wo die Videoüberwachung genau definierten, höherrangigen Zwecken diene. Diese Ziele gebe es in Freiburg aber nicht.
Konkret werden die Verkehrsbetriebe aufgefordert, die Kameras technisch so einzurichten, dass diese nur die Strecken und Haltestellen beobachten können. Außerdem seien selbst da nur „Übersichtsaufnahmen“ erlaubt, auf denen keine einzelnen Personen oder Kfz-Kennzeichen erkennbar seien.
Ausdrücklich fordern die Datenschützer auch den Einsatz von Techniken, die einen eventuell unvermeidbaren Personenbezug aufheben. Wörtlich:
Hierbei kommt dem Einsatz von Techniken, die es gestatten, Gesichter und möglichst auch Kfz-Kennzeichen in Echtzeit zu verpixeln, eine zentrale Bedeutung zu.
Der überwachte Bereich muss nach Auffassung der Behörde auch so gekennzeichnet sein, dass Personen diesen Bereich erkennen können, bevor sie ihn betreten. Aufkleber an Fahrkartenautomaten oder kleine Hinweisschilder innerhalb der überwachten Zone reichten nicht aus.
Die Freiburger Verkehrs-AG hat jetzt Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Die Überprüfung ins Rollen gebracht hat der Freiburger Ex-Stadtrat Sebastian Müller. Ihm sichert die Aufsichtsbehörde schriftlich zu, die Sache im Auge zu behalten und darauf hinzuwirken, dass sich die Freiburger Verkehrs-AG künftig „datenschutzkonform“ verhält.
Gut möglich, dass sich nun auch Verkehrsunternehmen in anderen Städten Gedanken darüber machen müssen, ob sie nicht vielleicht zu viel filmen.