Sieben Monate war ein Strafgefangener in einer 9,09 Quadratmeter großen Zelle untergebracht. Gemeinsam mit einem anderen Gefangenen. Die Toilette war nur durch einen Sichtschutz abgetrennt.
Wegen dieser menschenunwürdigen Unterbringung hat sich der Gefangene 3.000,00 € Entschädigung erstritten. Statt das Geld auszuzahlen, rechnete das beklagte Land mit Forderungen gegenüber dem Gefangenen auf. Er schuldete noch die Kosten seines Strafverfahrens.
Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass so eine Aufrechnung Treu und Glauben widerspricht:
Um seine Funktionen der Genugtuung, der Sanktion und der Prävention – in dem Sinne, dass der verpflichtete Staat dazu angehalten wird, menschenunwürdige Haftbedingungen von vornherein zu vermeiden oder aber (zumindest) alsbald zu beseitigen und nicht länger fortdauern zu lassen – wirksam wahrnehmen zu können, muss der Geldentschädigungsanspruch für den ersatzpflichtigen Staat spürbare Auswirkungen haben.
Daran fehlte es vielfach, wenn die Erfüllung des Geldentschädigungsanspruchs im Wege der Aufrechnung mit einer Gegenforderung auf Erstattung offener Strafverfahrenskosten
herbeigeführt werden könnte. Sehr viele Strafgefangene sind vermögenslos und
– wie hier – bei der Verfolgung ihrer Entschädigungsansprüche auf Prozesskostenhilfe angewiesen. Die Ansprüche des Staates auf Erstattung von Kosten des Strafverfahrens sind in all diesen Fällen im Grunde uneinbringlich und bei wirtschaftlicher Betrachtung wertlos.Könnte sich der Staat hier seiner Entschädigungsverpflichtung durch Aufrechnung entledigen, so könnte von einem echten Vermögensopfer nicht gesprochen werden; auch enthielte der Geschädigte keinen wirklichen materiellen Ausgleich für den erlittenen Eingriff.