Gerade kriege ich einen mittleren Herzkasper, als ich eine frisch reingekommene Ermittlungsakte, wie immer, von hinten nach vorne durchgehe. Auf dem letzten Blatt heißt es:
RA Vetter als Verteidiger des Beschuldigten im System und ggf. in der Haftkontrolle erfassen.
Ich blättere hektisch. Ist mir etwa entgangen, dass mein Mandant in Untersuchungshaft genommen wurde? Das wäre zumindest unangenehm. Wie sich herausstellt, ist das entscheidende Wörtchen im Textbaustein, den ich so noch nicht gesehen habe, das „ggf.“ Gut, jetzt weiß ich es auch…
Mein Mandant soll Gras besessen haben. In der Anzeige lesen wir:
Als die Beamten ca. 20 Meter entfernt vom BES hielten, um auszusteigen und ihn zu kontrollieren, … warf er im hohen Bogen etwas auf den dortigen Parkstreifen zwischen zwei geparkte Pkw. Vom Beamten K. konnte zwischen den geparkten Pkw auf dem Boden ein Klemmverschlusstütchen mit Marihuana aufgefunden werden. Andere Gegenstände lagen dort nicht.
Die Beamten verweisen noch darauf, mein Mandant habe behauptet, sie wollten ihm die Betäubungsmittel „unterjubeln“. Dabei sei er als Betäubungsmittelkonsument doch schon „mehrfach wegen BtM-Delikten auffällig“ geworden.
Den Staatsanwalt hat das alles übrigens nicht sonderlich beeindruckt. Er hat das Verfahren mangels Tatverdachts eingestellt. Begründung:
Das aufgefundene Betäubungsmittel ist dem bzw. der Beschuldigten nicht hinreichend sicher zuzuordnen.
Dem „bzw.“ entnehme ich, dass der Staatsanwalt auch für solche Fälle einen Textbaustein hat. Somit ist davon auszugehen, dass er eine gesunde Einstellung dazu besitzt, wie man mit geringen Mengen zum Eigenverbrauch und besonders mit nicht eindeutigen Sachverhalten umgeht.
Das verspricht eine angenehme Zusammenarbeit.