Wie ist das eigentlich, wenn das Bundeskriminalamt demnächst Listen erstellt, nach denen die Internetprovider Stoppschilder vor Domains stellen? Dies bedeutet doch, ein Beamter hat sich (hoffentlich) davon überzeugt, dass auf den Servern tatächlich Kinderpornografie gehostet wird.
Er hat somit Kenntnis davon, dass über einen bestimmten Server Kinderpornografie verbreitet wird. Das ist eine Straftat. Lassen wir mal die Frage offen, ob die deutschen Polizeibehörden sich für Server zuständig fühlen müssen, die im Ausland stehen. Aber eins ist doch klar: Wer solche Sperrlisten verwaltet und implementieren lässt, der hat auch die Möglichkeit, durch simple Abfragen (Beispiel) herauszufinden, dass so ein Server wahrscheinlich in Deutschland steht.
Sofern das der Fall ist, haben die Ermittlungsbehörden, hier das Bundeskriminalamt, keinen Spielraum:
§ 163 Strafprozessordnung
(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.
(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.
Meyer-Goßner, der Standardkommentar zur Strafprozessordnung, umreißt die Vorschrift mit einem treffenden Wort: Erforschungspflicht. Die Polizei muss ohne Wenn und Aber jedem Tatverdacht nachgehen. Ihr steht, im hier interessierenden Deliktsbereich, kein Ermessen zu.
Natürlich ist das Bundeskriminalamt nicht verpflichtet, von sich aus das Internet nach deutschen Kinderpornoservern zu durchsuchen. Aber wenn man im Rahmen der Internetzensur darauf stößt und dann nichts weiter macht als Stoppschilder aufzustellen, könnte das in eine Handlungspflicht erwachsen.
Ich möchte jedenfalls nicht der Beamte sein, der Stoppschilder vor deutsche Internetserver setzt und es damit gut sein lässt. Das ließe sich nämlich zwanglos als Strafvereitelung im Amt (§ 258, § 258a Strafgesetzbuch) bewerten.