Frau S. kriegt mit, wie ihr 16jähriger Sohn vor dem Haus verhaftet wird. Der Junge liegt auf der Motorhaube eines Autos; zwei Polizisten um ihn rum.
Einer der Beamten fragt: „Wer sind sie? Was wollen sie?“ Frau S. stellt sich als die Mutter vor. Die Beamten sollten vorsichtig sein. Der Junge sei dreimal am Magen operiert. Er habe Asthma. Der Griff sei gefährlich.
Darauf hin läßt der Beamte den Jungen los. Dafür schreit er Frau S. an:
„Wissen sie überhaupt, was ihr Sohn für ein Verbrecher ist?“
Frau S. bittet den Beamten, er soll sich zusammenreißen. So etwas dürfe er nicht sagen.
Der Beamte:
„So einer wie ihr Sohn gehört an die Wand gestellt und abgeknallt.“
Frau S. denkt zuerst, sie habe sich verhört. Deshalb bittet sie den Beamten, seine Aussage zu wiederholen.
„Damit habe ich überhaupt kein Problem: So einer gehört an die Wand gestellt und abgeknallt!“
Frau S. revanchiert sich:
„Das sind Hitlermethoden.“
Wochen später kriegt Frau S. einen Strafbefehl: „Zur Tatzeit beschimpften Sie die Polizeibeamten G. und K. mit den Worten: … Das sind Hitlermethoden!“ 25 Tagessätze soll sie zahlen. Und künftig vorbestraft sein.
Ich lege für Frau S. Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Zum Glück können Passanten bezeugen, was wirklich vorgefallen ist.
Doch die Zeugen werden nicht gebraucht. Der Beamte gibt als Zeuge zu, dass er zweimal erklärt hat, der Junge gehöre vor die Wand gestellt und erschossen.
Warum das mit keinem Wort in der Strafanzeige erwähnt sei, fragt die Richterin. „Das wäre doch schon wichtig, die Vorgeschichte zu kennen.“ Dazu kann der Beamte nichts sagen. Oder er will nicht. „Keine Ahnung, die Anzeige hat mein Kollege geschrieben.“
Frau S. wird freigesprochen. In der mündlichen Urteilsbegründung sagt die Richterin: „Die Zusammenfassung als Hitlermethoden war keine Beleidigung, sondern die Wahrheit.“
Das Urteil ist rechtskräftig.