Im Jahr 2011 kam ein fünfjähriger Junge im Haushalt seiner Mutter ums Leben. Das Kind war mehrfach am ganzen Körper roh misshandelt worden. Der Junge starb durch Gewalteinwirkung auf den Schädel. Die Frage nach dem Verantwortlichen bleibt aber nach einem ersten Prozess offen. Der Bundesgerichtshof hob jetzt ein Urteil auf, mit dem das Landgericht Ulm sowohl die Mutter als auch ihren Lebenspartner für jeweils fünf Jahre ins Gefängnis geschickt hatte.
Das Landgericht hatte nicht genau ermitteln können (oder wollen), von wem die Misshandlungen ausgingen. Das Gericht beschränkte sich im Urteil auf die Feststellung, der jeweils andere Angeklagte habe um die Ursache der Verletzungen gewusst und das Verhalten des anderen gebilligt. Auf dieser Grundlage bejahte das Landgericht Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB).
Das bloße Wissen um die Tat und ihre Billigung reicht dem Bundesgerichtshof jedoch nicht aus, um jemanden zum Mittäter zu machen. Das ist jetzt an sich keine Überraschung, denn Mittäterschaft setzt eben eine gemeinschaftliche Tatbegehung voraus. Auch wenn die Tatbeiträge der Beteiligten unterschiedliches Gewicht und verschiedene Qualität haben können, muss aber zumindest so ein relevanter Tatbeitrag nachgewiesen werden.
Die Richter am Bundesgerichtshof weisen darauf hin, dass eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Misshandlung Schutzbefohlener durchaus noch denkbar ist. Voraussetzung sei allerdings, dass im zweiten Prozessanlauf die erforderlichen Tatbeiträge festgestellt werden. Anderenfalls komme auch eine strafbare Beihilfe in Betracht. Beihilfe ist weniger als Mittäterschaft. Sie kann auch schon durch psychische Unterstützung geleistet werden. Allerdings wäre dann die Strafe voraussichtlich deutlich niedriger, womöglich auch für den Angeklagten, der wirklich Täter war.
Bislang gibt es zum Urteil lediglich eine Pressemitteilung.