In den USA hat eine Richterin die Besitzerin eines iPhone und Beschuldigte in einem Ermitlungsverfahren gezwungen, ihr Telefon mit dem eigenen Fingerabdruck zu entsperren, berichtet heise.de. Auch bei uns sind mittlerweile viele Smartphones über einen Fingerabdrucksensor gesichert. Deshalb die Frage: Ginge so was auch bei uns?
Die richtige Antwort findet man am einfachsten, wenn man sich auf einen wichtigen Grundsatz unseres Strafprozessrechts besinnt: Der Beschuldigte muss gar nichts aktiv tun. Ein aktuelles Beispiel sind die Pinkeltests, die bei Verkehrskontrollen immer mehr in Mode kommen. Wer sich – nach entsprechendem Zureden durch die Polizei – darauf einlässt, verzichtet freiwillig auf einen Teil seiner Rechte. Gleiches gilt für Wischtests oder auch den altbekannten Alkoholtest durch Pusten. Kein Polizeibeamter kann solche Tests an Ort und Stelle erzwingen, ebenso nicht, dass man sich an die Nase fasst, auf einer Linie geht oder auch nur Piep sagt.
Ebenso wenig gibt es eine juristische Möglichkeit, den Beschuldigten zu zwingen, den Finger auf sein Smartphone zu legen. Das alles beruht letztlich auf dem Grundsatz, dass man sich nicht selbst belasten muss. Nicht durch Worte. Aber auch nicht durch Taten. Auch ein Richter hätte also nicht die Kompetenz, die aktive Entsperrung eines Smartphones unmittelbar durch den Beschuldigten zu erzwingen.
Was aber zweifellos geht, ist die übliche Abnahme von Fingerabdrücken, also das Aufdrücken der Finger auf eine Stempelunterlage oder einen Scanner (bei modernen Polizeibehörden). Dabei handelt es sich geradezu um eine Standardmaßnahme, sie wird in § 81b StPO ausdrücklich erwähnt. Die Fingerabdrücke kann auch die Polizei verlangen. Eine richterliche Anordnung ist nicht erforderlich.
So weit ich das kurz nachlesen konnte, sind moderne Telefone aber so schlau, dass sie in der Regel nur den Originalfingerabdruck akzeptieren. Es bleibt aber die Frage, ob die Polizei einen legal abgenommenen Fingerabdruck zumindest für den Versuch nutzen kann, das Smartphone zu entsperren. Der § 81b StPO sagt, die Abnahme von Fingerabdrücken muss für die „Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens“ erforderlich sein. Der auf Folie gebannte Fingerabdruck wäre dann aus Sicht der Ermittler nichts anderes als die bei einer Durchsuchung gefundene PIN, die sich der Beschuldigte irgendwo notiert hat. Mit dieser Notiz darf das beschlagnahmte Smartphone ja auch entsperrt werden.
Auch wenn der Wortlaut also schon „irgendwie“ passt, würden mir auch viele Gegenargumente einfallen, warum das Ganze dennoch unzulässig wäre. Spannend sind auf jeden Fall beide Konstellationen, also das erzwungene Handauflegen des Smartphone-Nutzers wie die Zweckentfremdung eines rechtmäßig abgenommenen Fingerabdrucks.
Bis zu einer Klärung dieser Fragen wird es sicher noch dauern. Bis dahin kann ich nur an die eingangs dargestellte Regel erinnern: Als Beschuldigter musst du im Zweifel nur eins – gar nix.