Im Fall von netzpolitik.org gab es heute nachmittag eine überraschend Wendung. Generalbundesanwalt Harald Range sieht mit „Blick auf das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit“ von „nach der Strafprozessordnung möglichen Exekutivmaßnahmen ab“, wie er der F.A.Z. mitteilte.
Das ist eine Wortwahl, die mehr verschleiert als sie offenbart. Denn damit ist keineswegs gemeint, dass Markus Beckedahl und Andre Meister nunmehr nicht mehr Beschuldigte eines Strafverfahrens sind. Dieses Verfahren geht offenbar ungerührt weiter, denn der Generalbundesanwalt will ja jetzt erst mal ein Gutachten einholen, ob die veröffentlichten Dokumente wirklich Staatsgeheimnisse sind.
Zuvor hatte Ranges Behörde noch verlauten lassen, das Ermittlungsverfahren sei Voraussetzung für die Einholung des Gutachtens. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass es derzeit eben keine Einstellung des Verfahrens für Beckedahl und Meister gibt. Denn ansonsten könnte das Gutachten ja nicht erstellt werden.
Das einzige, was Range sagt, ist folgendes: Wir machen momentan keine Hausdurchsuchung bei netzpolitik.org. Und wir verhaften die beiden Autoren nicht. Oder was sonst sollte wohl mit „nach der Strafprozessordnung möglichen Exekutivmaßnahmen“ gemeint sein? Im übrigen ergibt sich aus dem Umstand, dass nach Ranges Auffassung angeblich solche Maßnahmen durchaus möglich sind, dass die Behörde Beckedahl und Meister nach wie vor verdächtigt. Ohne ausreichenden Anfangsverdacht wären Exekutivmaßnahmen nämlich eine strafbare Verfolgung Unschuldiger.
Ranges Worte sind also nichts anderes als Beruhigungspillen. Tatsächlich sind sie sogar nur Placebos – denn am Beschuldigtenstatus der Betroffenen hat sich bislang rein gar nichts geändert.
PS. Der Kollege Thomas Stadler fasst den bisherigen Stand sehr gut zusammen. Ich verweise gern auf seinen Artikel, denn wegen Gerichtsterminen bin ich selbst noch nicht dazu gekommen.