Für unseriöse Polizisten brechen unangenehme Zeiten an. Jedenfalls was die sogenannte Tatprovokation angeht. Das sind Fälle, in denen der Beschuldigte eine Tat gar nicht begangen hätte, wäre er nicht gezielt durch Verdeckte Ermittler angefüttert oder gar direkt unter Druck gesetzt worden. Der Bundesgerichtshof hat mit einem aktuellen Urteil seine Rechtsprechung zu dem Thema revolutioniert.
Bisher führte die Tatprovokation nur zu einer milderen Strafe. Ab sofort dürfte am Ende in der Regel die folgenlose Einstellung des Verfahrens stehen.
Der jetzt entschiedene Fall bot sich auch geradezu an, von einer Bestrafung des Täters abzusehen. Verdeckte Ermittler hatten zwei Männer über einen längeren Zeitraum immer wieder aufgefordert, für sie große Mengen Ecstasy in Holland zu besorgen. Erfolglos. Schließlich griffen die Polizisten zu Drohungen. Außerdem behauptete einer, seine Familie werde mit dem Tode bedroht, wenn er seinen Hinterleuten nicht Rauschgift besorge. Erst da knickten die Betroffenen ein.
Die zwei Polizeiopfer konnten vor Gericht lediglich eine Strafmilderung erkämpfen. Doch das reicht nicht mehr aus, sagt der Bundesgerichtshof. Das Gericht legt als Regellösung für solche Fälle ausdrücklich die Einstellung des Verfahrens fest.
Die Änderung basiert auf klaren Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat die Bundesrepublik letztes Jahr in einem ähnlichen Fall verurteilt, weil am Ende des Verfahrens lediglich eine Strafmilderung erfolgte. Das möchte der Bundesgerichtshof künftig vermeiden. Die Richter erkennen es ausdrücklich als ihre Aufgabe an, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Deutschland umzusetzen.
Solche Urteile machen mir persönlich Hoffnung. Vielleicht kommt ja auch der Tag, an dem sich auch bei rechtswidrig erlangten Beweisen die Einsicht durchsetzt, dass ein Verwertungsverbot der Regelfall sein sollte. Und nicht, wie derzeit bei uns, die Ausnahme. Ebenso wie die Tatprovokation ist es ein Unding, dass Ermittler sehenden Auges die Strafprozessordnung missachten können, ohne dass dies spürbare Folgen hat (Aktenzeichen 2 StR 97/14).