Nationale Gerichte können bei entsprechender gesetzlicher Grundlage auch zu Netzsperren greifen, wenn Internetseiten für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sind. Der Europäische Gerichtshof entschied diese Grundsatzfrage nun aufgrund einer Netzsperre in Österreich. Dort war ein Internetprovider durch eine Klage der deutschen Constantin Film gerichtlich verpflichtet worden, den Zugang zu kino.to zu sperren.
Allerdings stellt der Europäische Gerichtshof klar, dass Sperrungen streng zielgerichtet sein müssen. Sie dürften sich nur gegen tatsächliche Urheberrechtsverletzungen richten; Kollateralschäden seien zu vermeiden. Insbesondere dürften Nutzer, die legale Dienste auf einer Plattform in Anspruch nehmen, nicht beeinträchtigt werden.
Wie diese hehre Vorgabe umzusetzen ist, sagt der Europäische Gerichtshof allerdings nicht. Immerhin sind Zugangssperren, die sich wirklich auf isolierte Urheberrechtsverletzungen erstrecken, kaum umsetzbar. Die Richter fordern außerdem, die Sperren müssten „wirksam“ sein. Das ist aber gerade bei den üblichen DNS-Blockaden, wie sie jüngst die Türkei gegen Twitter einsetzte, eher nicht der Fall. Diese Sperren lassen sich kinderleicht umgehen.
Jedenfalls steigt nun das Risiko, dass es europaweit verstärkt zu Netzsperren kommt. Dabei ist es keineswegs ausgemacht, dass nur Urheberrechtsverletzungen im Visier sein werden. Schon in der Vergangenheit haben auch andere Interessengruppen Netzsperren für ihre Zwecke gefordert. Der Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft, Alexander Sander, befürchtet deshalb mit gutem Grund, dass mit dem Urteil der Grundstein für eine Zensurinfrastruktur gelegt wird.