Im Fall Gustl Mollath hat sich die Justiz schon genug blamiert. Hamburger Staatsanwälten genügte dies aber offenbar nicht. Sie leierten auf Veranlassung ihrer bayerischen Kollegen gleich noch ein Verfahren gegen Mollaths Anwalt Gerhard Strate an, weil dieser angeblich unrechtmäßig Verfahrensunterlagen ins Netz gestellt hat.
Allerdings erteilt das Landgericht Hamburg den länderübergreifend tätigen Strafverfolgern nun eine deutliche Absage. Mit deutlichen Worten verweigern sich die Richter dem Ansinnen, Zugriff auf Strates Webserver zu gestatten und die unliebsamen Dokumente ohne Einverständnis des Anwalts löschen zu lassen.
Es waren erst mal akrobatische Verrenkungen nötig, um überhaupt einen Paragrafen zu finden, der auch nur ansatzweise einen solchen Zugriff gestattet. Dem Gericht wollten die Staatsanwälte die beabsichtigte Zensur als eine Art vorweggenommene Beschlagnahme beziehungsweise strafrechtliche “Einziehung” von Tatwerkzeugen verkaufen. Überdies wurde ausdrücklich verlangt, Links im Internet zu beschlagnahmen – eine reichlich absurde Vorstellung.
In seinem 13-seitigen Beschluss zählt das Landgericht auch weitere “Missverständnisse” auf. So weist das Gericht darauf hin, Daten seien entgegen der Darstellung der Staatsanwaltschaft nun mal keine Sachen, die man einfach so einpacken und mitnehmen kann.
Auch ein Beweissicherungsinteresse sei nicht mal ansatzweise erkennbar. Alle Dokumente befänden sich ausgedruckt in der Akte, und überdies bestreite Strate gar nicht, dass er die Papiere auf seine Homepage gestellt hat.
Letztlich verneinen die Richter bei vier von fünf Dokumenten auch eindeutig, dass Strate sich überhaupt wegen “Verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen” strafbar gemacht haben kann.
So wird Strate beispielsweise vorgeworfen, er habe einen Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Augsburg ins Netz gestellt. Allerdings, so das Landgericht, durfte Strate dies. Denn zu einem “Strafverfahren” im Sinne des Gesetzes komme es schon gar nicht, wenn die Staatsanwaltschaft von weiteren Ermittlungen absieht.
Lediglich bei einem Dokument könne man eine Strafbarkeit erwägen. Nämlich beim Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft. Aber auch hier ist das Gericht sehr skeptisch und macht ziemlich deutlich, dass es Strate wohl nicht verurteilen würde.
Nicht zu erwarten ist allerdings, dass die beteiligten Staatsanwaltschaften Ruhe geben. Wie sich aus dem Beschluss ergibt, ermitteln sie schon wegen weiterer Dokumente aus der Akte Mollath, die Strate ins Netz gestellt hat.