Im Münchner NSU-Prozess gibt es Streit. Um Geld. Wolfgang Stahl, einer der Verteidiger Beate Zschäpes, möchte einen angemessenen Vorschuss auf seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren. Also das, was er vor Erhebung der Anklage geleistet hat. Stahl verlangt 77.000 Euro; das Gericht hat ihm 5.000 Euro bewilligt.
Eins ist klar: Das Honorar der Anwälte im NSU-Verfahren kann sich am Ende nicht nur nach den Standard-Sätzen für Pflichtverteidiger bemessen. Das gilt nicht nur für die Verteidiger, sondern sicher auch für den einen oder anderen Nebenklägeranwalt. Auch diese sind ja meist beigeordnet und werden aus der Staatskasse bezahlt.
Für solche Mammutprozesse gibt es extra die Möglichkeit, dass nach Abschluss des Verfahrens eine Pauschalvergütung festgesetzt wird. Dafür müssen Anwälte dann im nachhinein akribisch darlegen, was sie geleistet haben, dass die Arbeit erforderlich war und wieso die Standardbeträge nicht ausreichen.
Momentan dreht sich der Streit also nur um den angemessenen Vorschuss auf die zu erwartende Vergütung. Stahls Forderung nur für die vorgerichtliche Tätigkeit ist da schon durchaus beachtlich. Nach eigenen Angaben will er rund 700 Stunden für die Verteidigung Zschäpes aufgewandt haben. Eine Zahl, die das Gericht wohl nicht bestreitet.
Fraglich ist halt nur, ob der von Stahl offenkundig geltend gemachte Stundensatz von etwa 100 Euro angemessen ist. Darüber wird man durchaus streiten können. Immerhin macht der Verteidiger laut Presseberichten selbst geltend, seine Kanzlei habe monatliche Fixkosten von ca. 6000 Euro. Sein monatlicher Umsatz habe in der Vor-Zschäpe-Zeit etwa 20.000 Euro betragen. Somit blieben Stahl also 14.000 Euro brutto im Monat.
Allerdings bedeutet die Pflichtverteidigervergütung nicht, dass ein Anwalt mit ordentlichen Umsätzen automatisch für seine Tätigkeit mehr bekommt als einer, der monatlich weniger einnimmt. Vielmehr muss ein Gericht, das ja auch Steuergelder ausgibt, natürlich darauf achten, dass der Anwalt bei einer angemessenen Kanzleiführung wirtschaftlich nicht in die roten Zahlen rutscht und ihm auch ein angemessener Betrag zum Leben verbleibt. Das wiederum ist dann aber auch die obere Grenze.
Der vom Gericht bewilligte Betrag ist dafür offensichtlich zu gering. Stahls über Twitter verbreitete Klage, ihm bleibe bei diesen Sätzen am Ende viel weniger als seiner Putzhilfe, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch wenn er es vielleicht etwas weniger von oben herab hätte formulieren können.
Ebenso klar ist aus meiner Sicht aber auch, dass Stahl keinen Anspruch darauf hat, vom Staat einen Betrag zu erhalten, der ihm, seine eigenen Zahlen zu Grunde gelegt, auf den Monat gesehen einen Umsatz von 16.000 Euro beschert – und damit einen letztlich noch immer knapp fünfstelligen Erlös.
Die Wahrheit wird, wie so oft, nach meinem Gefühl am Ende irgendwo in der Mitte liegen. Das kommt bei mir auch nicht nur aus dem Bauch, sondern von den Zahlen, die ich aus eigenen Großverfahren kenne.