Zu den praktischen Dingen bei Onlinekäufen, telefonischen und schriftlichen Bestellungen gehört das Widerrufsrecht. Der Kunde darf den Kauf rückgängig machen und erhält sein Geld zurück. Er muss dem Verkäufer nur innerhalb von zwei Wochen mitteilen, dass er vom Kauf Abstand nimmt. Die bestellte Ware kann er auch noch später zurücksenden.
Das mit der Frist klingt zunächst mal einfach, die Tücke steckt jedoch im Detail. Mit einem dieser Fälle hat sich jetzt das Amtsgericht Winsen beschäftigt. Ein Käufer hatte online bestellt, der Paktebote gab die Sendung jedoch bei seiner Nachbarin ab. Der Käufer erhielt die Sendung eine Woche später, erklärte den Widerruf jedoch erst nach mehr als zwei Wochen – wenn man die Widerrufsfrist mit der Übergabe an die Nachbarin anfangen lässt.
Das genau tut das Amtsgericht Winsen aber nicht. Nach Auffassung des Richters beginnt die Widerrufsfrist in solchen Fällen erst, wenn der Empfänger selbst das Paket entgegengenommen hat. Die Zeit bei der Nachbarin wird deshalb nicht in die zwei Wochen eingerechnet.
Zur Begründung weist das Gericht darauf hin, dass “freundliche Nachbarn” erst mal dem Empfänger helfen wollen, damit dieser schnell an seine Sendung kommt. Und ein bisschen auch dem Lieferdienst, damit der keine unnötigen Wege hat. Allerdings, so das Gericht, seien nette Nachbarn keine Empfangsbevollmächtigten des Käufers. Sie würden die gelieferte Ware ja auch nicht für den Besteller öffnen, testen oder anprobieren.
Es gebe auch immer wieder Fälle, in den Nachbarn Pakete annehmen, obwohl das vom Empfänger gar nicht gewünscht sei. Dazu heißt es im Urteil:
Der Paketdienst hat es in der Hand, ob er bei Abwesenheit des Empfängers noch einmal erscheint oder das Risiko eingeht, die Ware in der Nachbarschaft abzugeben. Der abwesende Empfänger kann einer "liebenswürdigen, aber schrecklichen neugierigen Nachbarin" schon zehnmal verboten haben, für ihn Ware entgegenzunehmen; macht sie es aber trotzdem, so ist der Empfänger dagegen machtlos. Der Paketdienst hingegen hat es in der Hand, zum Beispiel nur an solche Nachbarn etwas herauszugeben, die ihm eine schriftliche Berechtigung zum Sendungsempfang vorlegen.
Wenn die Sendung also beim Nachbarn landet, beginnt nicht schon damit die Widerrufsfrist zu laufen. Anders ist es allerdings, wen der Käufer seinem Nachbarn eine schriftliche Vollmacht erteilt hat. In diesem Fall, so das Amtsgericht Winsen, sei der Nachbar eine Art Stellvertreter des Kunden. Der Paketbote könne ihm deshalb das Paket rechtsverbindlich übergeben.
Amtsgericht Winsen, Urteil vom 28. Juni 2012, Aktenzeichen 22 C 1812/11