Beim Verdacht auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten ist eine Identitätsfeststellung durch Polizeibeamte nur zulässig, wenn dem Betroffenen vorher gesagt wird, was ihm zur Last gelegt wird. Die Polizei darf also nicht erst nach den Personalien fragen und den Betroffenen zunächst im Unklaren lassen. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm hervor.
Die Richters sprechen einen jungen Mann frei, dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen wurde. Bei einer nicht angemeldeten Demo hatte er sich dem Zugriff von Polizeibeamten entzogen, als diese seine Personalien wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz aufnehmen wollten. Um was es geht, hatten die Polizisten dem Mann vorher nicht gesagt.
Laut Oberlandesgericht Hamm gehört es zu den “wesentlichen Förmlichkeiten” einer Identitätsfeststellung, dass dem Betroffenen vorher gesagt wird, was ihm zur Last gelegt wird. Hiervon gebe es nur wenige Ausnahmen.
Dazu gehöre etwa eine Situation, in der kein Zweifel an dem konkreten Vorwurf bestehe. Das ist aber zum Beispiel bei Verkehrsdelikten, wenn man rausgewunken wird, fast nie der Fall. Denkbar ist auch, dass der Ermittlungserfolg gefährdet wird oder die Umstände eine Information unmöglich machen. Das sind aber Ausnahmesituationen.
Im entschiedenen Fall durfte sich der Betroffene also aus dem Griff des Polizeibeamten winden. Das half ihm letztlich allerdings wenig, weil er daraufhin auf den Boden geworfen und gefesselt wurde. Immerhin entgeht der Mann nun aber einer Vorstrafe.
Auch wenn es nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung hinausläuft, kann man das Urteil im Alltag verwenden. Die Polizei muss erst mal Farbe bekennen, worum es eigentlich geht. Erst dann muss man seine Personalien angeben oder den Personalausweis zeigen. Das kann durchaus eine interessante Diskussion ergeben…
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 10. Mai 2012, Aktenzeichen III-3 RVs 33/12