EU lässt Blinde im Regen stehen

Die EU tritt auf die Bremse, und das bei einem heiklen Thema. Seit Jahren gibt es Pläne für einen internationalen Vertrag, der das Urheberrecht zu Gunsten Blinder und Sehbehinderter lockern soll. Hauptanliegen ist, die Übertragung von Büchern und anderen Sprachinhalten in geeignete Formate für Blinde auch ohne Zustimmung der Rechteinhaber zu gestatten. Die EU sprach sich jetzt aber bei der World Intellectual Property Organisation (WIPO), wo über den Vertrag verhandelt wird, in einer nichtöffentlichen Sitzung gegen diese Pläne aus.

Die Vertreterin der EU-Kommission bei der WIPO soll im Rahmen der Verhandlungen erklärt haben, Europa werde dem Vertrag nicht zustimmen. Das berichtet heise online.  Diese harte Haltung steht im klaren Gegensatz zu einem Beschluss des EU-Parlaments vom Februar 2012. Die Parlamentarier hatten damals Anstrengungen gefordert, um Blinden und Sehbehinderten Zugang zu möglichst vielen Büchern zu ermöglichen. Nur fünf Prozent aller Werke lägen derzeit in einem geeigneten Format vor; in ärmeren Ländern sei es nur ein Prozent. Auch der Petitionsausschuss des Europarlaments hat erst vor wenigen Tagen die Initiative unterstützt.

Nun wird darüber spekuliert, wieso sich die zuständige Mitarbeiterin der EU-Kommission, Maria Martin-Prat, bei der WIPO so hartherzig zeigt. Immerhin soll sich sogar ihr Vorgesetzter, Urheberrechtskommissar Michael Barnier, aufgeschlossen für die Probleme Blinder und Sehbehinderter gezeigt haben. Von Martin-Prat ist bekannt, dass sie vor ihrer Tätigkeit lange Juristin beim internationalen Musikverband IFPI war. Diese Organisation gehört zu den Hardlinern in der Urheberrechtsdebatte.

Der Mangel an geeigneter Literatur trifft Blinde und Sehbehinderte nicht nur bei der Freizeitgestaltung. Auch in Studium und Beruf haben sie es deutlich schwerer als Nichtbehinderte. Wie mühsam und zeitraubend es für einen Blinden etwa im akademischen Betrieb ist, zeigt dieser Erfahrungsbericht.

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