Von Meinungsfreiheit scheint der Präsident des Kölner Landgerichts Köln nicht viel zu halten – zumindest wenn sich die Meinung gegen einen seiner Richter wendet. Der Chefjurist schwärzte jetzt Rechtsanwältin Heidrun Jakobs bei der Anwaltskammer an. Das Vergehen der Anwältin: Sie hatte in ihrem Blog über eine Verhandlung am Landgericht Köln berichtet, in der es drunter und drüber ging. Die Kollegin spricht von einer absolutistischen Verhandlungsführung des Kölner Richters.
Der betreffende Kammervorsitzende fühlte sich so auf den Schlips getreten, dass er sich auf dem Dienstweg an seinen Präsidenten wandte. Der hatte dann nichts besseres zu tun, als eine reichlich bemühte Eingabe bei der zuständigen Anwaltskammer zu machen. Darin heißt es:
Im Zusammenhang mit dem Zivilverfahren 26 O 365/10 hat mir der Vorsitzende der Kammer, Herr Vorsitzender Richter am Landgericht K. anliegenden Internet-Blog von Rechtsanwältin Jakobs zur Kenntnis gebracht. Ich stelle – durchaus in Kenntnis der restriktiven Linie des BverfG (NJW-RR 2010, 204) – eine berufsrechtliche Prüfung im Hinblick auf § 43a Abs. 3 BRAO bzw. die wenig klaren Grenzen anwaltlicher Internetauftritte im Hinblick auf § 43 b BRAO anheim. Ich darf höflich bitten, mich zu gegebener Zeit zu informieren.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Der Herr Präsident möchte also einen Fall eindeutig zulässiger Meinungsäußerung (und gleichzeitig Interessenvertretung der Mandanten) zum Anlass nehmen, anwaltliche Internetauftritte und “Internet-Blogs” ingesamt berufsrechtlich überprüfen zu lassen.
Die Eingabe ist schon deshalb eine Farce, weil der Gerichtspräsident ja selbst auf eines der maßgeblichen Urteile des Bundesverfassungsgerichts hinweist, die Online-Aktivitäten und damit auch Bloggen gerade für zulässig halten und auch keinen Grund sehen, Anwälten nur eine Meinungsfreiheit zweiter Klasse zuzugestehen.
Wie wenig der Gerichtspräsident an sein eigenes Schreiben glaubt, ergibt sich aus einem weiteren Umstand. Er nennt kein einziges Argument, warum der Beitrag der bloggenden Anwältin die Grenzen des Sachlichkeitsgebots überschritten haben sollte. Er hätte ja zumindest mal sagen können, woran er bzw. sein subalterner Kammervorsitzender sich konkret stoßen.
Das Schreiben ist ein billiger Einschüchterungsversuch und ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Schade, dass ein Gerichtspräsident sich zu so etwas herablässt.