Darf jemand in Deutschland legal Auto fahren, obwohl er nie eine Fahrprüfung gemacht hat? Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beantwortet diese Frage mit einem (vorläufigen) Ja – und gibt einer Gesetzeslücke schuld.
Die Geschichte beginnt damit, dass eine Frau aus Niederbayern Auto fahren wollte, obwohl sie nie eine theoretische oder praktische Fahrprüfung abgelegt hat. Sie kaufte im Sommer 2008 über einen Vermittler einen totalgefälschten philippinischen „Führerschein“. Auf den Philippinen war sie nie gewesen.
Nur zwei Wochen nach dem Kauf ließ sie über den Vermittler unter Angabe eines ungarischen Scheinwohnsitzes die Umschreibung dieses philippinischen „Führerscheins“ in einen ungarischen Führerschein beantragen. Die ungarischen Behörden stellten ihr daraufhin anstandslos einen ungarischen Führerschein aus.
Als die Polizei gegen den Vermittler ermittelte, stieß sie auf Namen und Adresse der Kundin. Das Landratsamt Passau verbot der Frau sofort, mit ihrem ungarischen Führerschein in Deutschland Auto zu fahren. Dagegen klagte die Frau – beim Bayerischen Verwaltungsgerichshof hatte ihr Eilantrag Erfolg.
Die Richter meinen, der ungarische Führerschein weise nicht nur die philippinische Fahrerlaubnis nach. Vielmehr vermittele das Dokument ein “eigenes ungarisches Recht”. Diese eigenständige ungarische Fahrerlaubnis sei gültig, so lange sie nicht von Ungarn zurückgenommen worden sei.
Die deutschen Behörden seien machtlos. Der deutsche Gesetzgeber habe nämlich versäumt, von einer EU-rechtlichen Ermächtigungsnorm Gebrauch zu machen. Nach einer Vorschrift aus der EU-Führerschein-Richtlinie hätte festgelegt werden können, dass ein von einem anderen EU-Mitgliedsstaat (hier: Ungarn) umgetauschter Führerschein eines Drittlandes (hier: der Philippinen) in Deutschland nicht anerkannt wird. Eine solche Vorschrift gebe es aber in Deutschland noch nicht.
Der Beschluss im Eilverfahren gestattet der Frau nun in Deutschland Auto zu fahren, obwohl sie niemals eine Fahrprüfung gemacht hat. Dies gilt zumindest so lange, bis das Gericht die Hauptsache geprüft hat. Die Behördenvertreter wollen darauf drängen, dass das die Frau doch wieder das Auto stehen lassen muss. Ihrer Meinung nach sperrt bereits der gefälsche philippinische Führerschein “rechtliche Anschlussbetrachtungen”.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 3. Mai 2011, Aktenzeichen, 11 C 10.2938