Überraschende Nachricht aus Hamburg: Das Landgericht in der Hansestadt verneint den fliegenden Gerichtsstand beim Domainstreitigkeiten. Das Gericht weigerte sich, einen Prozess zu bearbeiten, bei dem es keinen Bezugspunkt zu Hamburg erkennen konnte – außer dass der Klägeranwalt dort seine Kanzlei hat.
Die Klägerin ist eine Gemeinde im Landgerichtsbezirk Lübeck, der Beklagte wohnt in Kassel, technisch wird die Domain in Aachen betreut. Normalerweise hält sich das Landgerichten Hamburg auch in solchen Konstellationen für zuständig. Das gilt insbesondere für die Pressekammern. Die Begründung ist stets, dass Inhalte im Internet überall abrufbar sind und die Rechtsverletzung somit an jedem Ort eintritt – Hamburg eingeschlossen.
Hier ging der Streit um die Domain als solche. Zumindest hier liegt es wirklich nahe zu fordern, dass im Zuständigkeitsbereich des Gericht tatsächlich “eine Interessenkollision eingetreten sein kann”. Diese war für die zuständige Kammer aber nicht ersichtlich.
Zu hoffen bleibt, dass diese naheliegende Einsicht auch mal den Hamburger Pressekammern Einzug hält. Immerhin gibt es in Deutschland den Anspruch auf den “gesetzlichen Richter”. Wenn eine Veröffentlichung im Internet dazu führt, dass jedes beliebige deutsche Gericht angerufen werden kann, entwertet diese Praxis den Gedanken des gesetzlichen Richters jedenfalls vollständig.
Dass sich in Hamburg durchgreifend etwas bewegt, dürfte aber unwahrscheinlich sein. Gerade die Pressekammern würden sich damit ja ihre über Jahre erworbene gesamtdeutsche Wichtigkeit amputieren und nicht mehr so im Blickpunkt stehen. Zu so viel Demut bedürfte es wohl anderer Egos auf der Richterbank. Diese sind aber derzeit nicht in Sicht.
Landgericht Hamburg, Beschuss vom 9. Juni 2011, Aktenzeichen 303 O 197/10