Die Polizei darf einen Bürger, der sich mit einem gültigen Personalausweis ausweist, an dessen Echtheit keine konkreten Zweifel bestehen, nicht für eine Personenfeststellung auf das Polizeirevier mitnehmen und dort vorübergehend festhalten. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg entschieden.
Die Richter gaben damit der Berufung einer Freiburger Stadträtin statt, die sich gegen ihre Mitnahme auf die Polizeiwache wehrte. Das Verwaltungsgericht Freiburg hatte die Maßnahme noch für rechtmäßig angesehen.
Die Stadträtin war in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai in einer Gegend angetroffen worden, in der ein widerrechtliches Feuer angezündet und und mit Bierflaschen auf Polizisten geworfen worden sei. Wegen der Dunkelheit und des regen Kommens und Gehens im Bereich der Feuerstelle sei nicht klar gewesen, wie lange sich die Klägerin bereits am Feuer befunden habe und ob sie zu den Verantwortlichen für die Störungen gehörte. Die Polizei habe sie als „Anscheinsstörerin“ ansehen können, zumal sie eine Bierflasche in der Hand gehalten habe. Deshalb habe auch ihr Personalausweis kontrolliert werden dürfen.
Die Mitnahme der Frau auf das Polizeirevier und das Festhalten dort sei jedoch rechtswidrig gewesen. Die das Recht auf Freiheit der Person einschränkende „Sistierung“ sei nur zulässig, wenn die Identität sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Der mit der Sistierung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit dürfe nur erfolgen, wenn dies zur Feststellung der Identität unerlässlich sei.
Hier folge die Rechtswidrigkeit der Sistierung schon daraus, dass die Personenfeststellung bereits am Ort des Geschehens erfolgt sei. Die Klägerin habe den Polizeibeamten ihren gültigen Personalausweis ausgehändigt. Konkrete Anhaltspunkte für dessen eine Fälschung oder sonstige Unstimmigkeiten hätten nicht vorgelegen. Damit habe die Klägerin ihre Identität zweifelsfrei belegen können.
Ein Datenabgleich zum Zweck der Identitätsfeststellung sei daher nicht erforderlich gewesen. Selbst wenn ein Datenabgleich erforderlich gewesen wäre, hätte dieser an Ort und Stelle stattfinden müssen. Das Polizeigesetz gebe den Beamten in diesem Fall nämlich nur ein Anhalterecht.
(Urteil vom 14. Dezember 2010, Aktenzeichen 1 S 338/10)