Es wird die ganz normale Furcht jedes Autofahrers sein, die Fahrerlaubnis zu verlieren. Deswegen geht Lutz B. immer wieder gegen Knöllchen und Bußgeldbescheide vor. Immer, wenn er mal wieder als Verkehrssünder ertappt worden sein soll, wehrt sich der 62-Jährige vor den Gerichten. Und er ist bereits des öfteren aufgefallen. Mit zu schnellen Fahrten, aber auch mit zu geringem Sicherheitsabstand.
Lutz B. weiß aber, wie man sich juristische durchkämpfen kann. Denn er ist Präsident eines Strafsenats beim Oberlandesgericht Düsseldorf. Und hat sich in dieser Eigenschaft schon einen unrühmlichen Namen gemacht. Er hatte, wie berichtet, einen Autofahrer vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung per Beschluss rechtskräftig
befreit – und darin eine Begründung eingebaut, die ihm selbst helfen kann.
Jetzt werden neue Vorwürfe gegen den Vorsitzenden Richter bekannt. Jüngst kam er noch beim Amtsgericht Düsseldorf davon. Weil der zügige Fahrer am Steuer seines Autos auf dem Beweisfoto nicht klar erkennbar war, wurde das Verfahren eingestellt. Das an die Scheibe geklebte Navigationsgerät soll die Sicht auf den Fahrer versperrt haben.
Ob Lutz B. am Amtsgericht Erkelenz demnächst wieder so erfolgreich ist, wird sich zeigen. Der Richter soll auf der Landstraße bei Wegberg mit 87 km/h geblitzt worden sein; erlaubt waren 70 km/h. Dafür soll der Jurist an sich nur eine Verwarnung von 30 Euro zahlen, will das aber nicht. Sein Argument: Das Schild war angeblich verdreht, deshalb gebe es Zweifel an der „rechtswirksam angeordneten Geschwindigkeitsbegrenzung“.
Am selben Tatort wurde das Auto an einem anderen Tag mit einer Geschwindigkeit von 112 km/h gemessen, 42 km/h zu schnell. Für diesen Verstoß soll Lutz B. 208 Euro zahlen und mit einem Fahrverbot von einem Monat belegt werden. Auch dagegen hat er Einspruch erhoben. Bislang ohne Begründung.
Eine Grund für die konsequente Gegenwehr könnte der Kontostand des Richters in Flensburg sein. 14 Punkte sollen sich dort bereits angesammelt haben. Die letzten zwei hatte sich B. vor einiger Zeit in Kempen eingehandelt, weil er zu dicht aufgefahren war.
Bei 18 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Seine Zuständigkeit für Bußgeldsachen im Straßenverkehr, die beim Oberlandesgericht Düsseldorf in letzter Instanz entschieden werden, hat Lutz B. bereits verloren. So hatte es das Präsidium entschieden. Nicht weil B. in eigener Sache vor Gerichten streitet, sondern weil der Senatsvorsitzende in den Geruch gekommen war, eigene Interessen in seine Entscheidungen einfließen zu lassen.
So hatte B. einen Bürger wegen eines Tempoverstoßes freigesprochen und quasi nebenbei so argumentiert, dass es ihm auch in seinen eigenen Verfahren nützen könnte. Der Richter erklärte nämlich die Blitzerfotos für unrechtmäßig, weil für ihre Anfertigung keine Rechtsgrundlage bestehe. Hätte dieses Urteil Bestand gehabt, wäre es für die Amtsgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf eine Leitentscheidung gewesen. Zum Zeitpunkt des Beschlusses gab es gegen Lutz B. selbst Verfahren, in denen diese Rechtsfrage eine Rolle spielten. Inzwischen hat ein anderer Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf entschieden, dass Radarfotos sehr wohl verwendet werden dürfen.
Für Lutz B. bleibt es also spannend, wenn er sich demnächst wieder vor Gericht verantworten muss.