Ein Schlaglicht

In einem Interview mit Johannes Boie von der Süddeutschen Zeitung habe ich zum Thema Kinderpornografie gesagt:

Tatsächlich gibt es weltweit keine Filmstudios, die für Geld Kinderpornos drehen. Das gesamte neuere kinderpornografische Material besteht aus dem alltäglichen Missbrauch in der Familie, in der Nachbarschaft, in Schulen und in sonstigen privaten Umfeldern. Die Täter dokumentieren den ohnehin stattfindenden Missbrauch.

Und:

Da sind Kinderschänder am Werk, die ihre kriminelle Tat in Bild und Ton dokumentieren. Dabei handelt es sich oft um Missbrauch in der Familie oder im Bekanntenkreis. Das sind keine Profis, sondern, so schrecklich es klingt, ihre und meine Nachbarn – aus allen Ländern der Welt.

Ich weiß, dass diese Aussagem im diametralen Gegensatz zu den Behauptungen vieler Politiker und Kriminalbeamter stehen. Diese behaupten, es gebe eine Kinderpornoindustrie; mit dem Material würden Millionen verdient.

Wer „dienstlich“ nichts mit diesem Gebiet zu tun hat, kann diese gegensätzlichen Auffassungen nur schwer überprüfen – ohne sich strafbar zu machen. Nun ist es ausgerechnet das Bundeskriminalamt, welches einen authentischen Blick auf das ermöglicht, was ich mit „dokumentiertem Kindesmissbrauch“ meine.

Seit heute fahndet die Behörde öffentlich nach einem 35 bis 45 Jahre alten Mann, der mehrere Jungen im Alter von 5 bis 7 Jahren missbraucht haben soll. Auf der Webseite des BKA heißt es:

Dem BKA liegen 42 Videos vor, die den Täter … in verschiedenen Zimmern zeigen, wobei der Täter teilweise auch Gewalt eingesetzt hat. Die Videofilme wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem im Jahr 2006 vom Täter aufgenommen und anschließend im Internet verbreitet.

Neben Videosequenzen und einer Stimmprobe veröffentlichen die Fahnder auch Beschreibungen der Zimmer, in denen der Missbrauch stattfand:

– Wohnzimmer mit lebensgroßer, dreidimensionaler Clownfigur
– Zimmer mit Tapete, die Dinosaurier zeigen
– Zimmer mit präparierten Hirschköpfen als Wandschmuck und einem Modellsegelschiff im Wandregal.

Ein Blick auf den Fahndungsaufruf lohnt sich, wenn man aus erster Hand die oben beschriebenen, konträren Auffassungen im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten überprüfen will.

Er ist sicher nur ein Schlaglicht, aber ein – aus meiner Sicht – bezeichnendes.

Nachtrag: Wer die Seite des BKA nicht anklicken möchte, findet die Informationen zum Beispiel auch bei Spiegel online und in vielen anderen Onlinemedien.