Das Gesetz ist klar: Blutproben, auch bei Verstößen im Straßenverkehr, darf nur ein Richter anordnen. Nur bei „Gefahr im Verzug“ dürfen auch Staatsanwälte oder Polizisten eine Blutprobe veranlassen.
Die Praxis sah bei Verkehrsdelikten Jahrzehnte anders aus. Routinemäßig haben Polizeibeamte selbst die Blutprobe angeordnet – und ihr Verhalten wurde immer abgesegnet. Ich persönlich habe im Gerichtssaal schon Polizisten erlebt, die nicht mal wussten, dass sie nur bei „Gefahr im Verzug“ eine Blutprobe anordnen dürfen. Manche waren richtig beleidigt, als sie erfuhren, dass ihre Kompetenzen nicht mal so weit reichen.
Seit der Einführung von Bereitschaftsrichtern hat es immer wieder Anwälte gegeben, die der Verwertung der Alkohol- und Drogenanalyse widersprachen, wenn kein Richter eingeschaltet wurde. Mit unterschiedlichen Ergebnissen. Letztlich retteten sich meisten Gerichte damit, dass die Beamten zwar einen Fehler gemacht haben. Dieser wiege aber nicht so schwer, um die Beweise nicht zur Kenntnis zu nehmen.
In einer praktisch wichtigen Konstellation sieht es nun das Oberlandesgericht Hamm etwas anders. Die Richter halten eine Blutprobe für unverwertbar, weil der Polizeibeamte so gestrickt war wie seine Kollegen, die ich aus dem Gerichtssaal kenne. Ihn interessierte schlicht und einfach nicht, dass es aus jüngster Zeit viele Urteile gibt, welche darauf hinweisen, dass es nach dem Gesetz zumindest versucht werden muss, einen Richter zu erreichen. Erst wenn das nicht gelingt, darf Gefahr im Verzug angenommen werden.
Machen wir immer so, alles andere interessiert mich nicht. Diese schlichte Argumentation war für das Oberlandesgericht Hamm nun Anlass, den Ball auf die Seite der Polizei zurückzuspielen. Wer sich, so die Richter, überhaupt nicht um die Rechtslage schert, vergewaltigt das Recht und begeht einen besonders schweren Verfahrensfehler. Bei so einem Verhalten ist es einfach nicht mehr akzeptabel, das Beweisergebnis augenzwinkernd doch noch zuzulassen.
Es ist davon auszugehen, dass da draußen viele Polizeibeamte ähnlich handeln. Wie sollte man sich also in einer Verkehrskontrolle verhalten? Schweigsam, aber bestimmt:
1. Den Atemalkoholtest verweigern. Dazu darf niemand gezwungen werden. Aber keinesfalls erklären oder gar unterschreiben, dass man auf einer Blutprobe besteht. Das könnte als „Einverständnis“ ausgelegt werden.
2. Die Blutprobe über sich ergehen lassen. Allenfalls auf die Frage, ob man damit einverstanden ist, mit „Nein“ antworten. Eine Begründung hierfür muss man nicht geben.
So dürften die Chancen nicht schlecht stehen, dass die Polizei nach Schema F vorgeht und in die nun vom Oberlandesgericht Hamm beschriebene Verfahrensfalle tappt. Einer Diskussion über Gefahr im Verzug („habe ich im law blog gelesen“) sollte man an Ort und Stelle aus taktischen Gründen also eher aus dem Weg gehen.