Unsere eh chronisch überlastete Justiz hat einen Fall mehr zu verkraften. Einen ganz speziellen, durch den inzwischen viele Gedanken schillern. Es ging und geht um die Frage: Muss ein schriftlich gestellter Strafantrag auch eine Unterschrift haben?
Ja sicher, hatte der Düsseldorfer Amtsrichter Hans-Werner Telle-Hetfeld im Frühjahr klar gesagt. Und damit einen Prozess platzen lassen, in dem ein Rechtsanwalt aus Wuppertal der üblen Nachrede angeklagt worden war. Es sind fünf Berufsrichter im Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG), die sich von Anwalt Jochen Thielmann wohl in ihrer Ehre verletzt fühlen – der sollte deshalb insgesamt 9.000 Euro Geldstrafe zahlen.
Er hatte den – inzwischen zu Lebenslänglich verurteilten – „Kofferbomber“ Youssef Mohamad E. H. verteidigt. Und dessen Richtern unter anderem vorgeworfen, sie argumentierten bei der rechtlichen Beurteilung „rein ergebnisorientiert“. Der Senat habe das Ziel, den Angeklagten zu verurteilen. Damit hatte er nicht nur den Staatsschutzsenat gegen sich, sondern sofort auch den Ankläger, einen Vertreter des Generalbundesanwalts. Der meinte, der Verteidiger habe „erkennbar“ den Senat „des Verbrechens der Rechtsbeugung bezichtigt“.
Und er informierte Anne-Josè Paul, die Präsidentin des OLG, die es tatsächlich fertig brachte, deshalb Straf-Antrag zu stellen. Allerdings ohne das, was das Lexikon „ein schriftliches Bekenntnis zum Inhalt einer Urkunde“ nennt – eben ohne ihren eigenhändigen Namenszug. Der sei auch überflüssig, meinte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Álso zog sie mit ihrer Revision vor einen anderen Senat des OLG. Und der urteilte kürzlich, sowas ist Rechtsprechung, der Strafantrag der OLG-Präsidenten sei selbstverständlich ohne deren Unterschrift erlaubt.
Das ergibt sich schon, attestiert der dreiköpfige 1. Strafsenat seiner Chefin, aus deren Briefkopf. Und dem Zusatz: „Maschinell erstellt, ohne Unterschrift gültig“. So ähnlich habe „schon das Reichsgericht“ (1879 – 1945) entschieden: „Daran ist festzuhalten“. Jetzt muss ein weiterer Richter in Düsseldorf erneut verhandeln. Dabei ist es völlig egal, zu welchem Urteil er kommt – der Fall kann noch einmal aufgerollt werden. (pbd)