Über manche Strafanzeigen kann man nur den Kopf schütteln.
Da schreibt zum Beispiel der Anwalt einer, nun ja, dubiosen Firma an die Staatsanwaltschaft. Er erzählt zusammengefasst folgendes: Ein gewisser Peter Müller (geändert) habe im Internet geschrieben, die Firma rufe arglose Bürger an und überbringe die freudige Nachricht, der Angerufene habe eine Pauschalreise gewonnen. Um die Reise antreten zu können, müsse er aber zunächst 60 € Bearbeitungsgebühr überweisen. Dann werde die Bankverbindung abgefragt und der Betrag abgebucht.
Dem Schreiben legt der Anwalt einen Ausdruck von etwas bei, das aussieht wie der Kommentar in einem Internetforum. Als Seite, auf welcher der Kommentar veröffentlicht worden sein soll, nennt der Anwalt eine Preisausschreiben-Seite aus dem Firmenkonglomerat seiner Mandantin. Dort gibt es überhaupt kein Forum. Auf dem Ausdruck ist eine URL nicht ersichtlich. Es gibt auch sonst nichts, woraus sich schließen lässt, wo der Text im Internet zu finden sein könnte.
Dem Staatsanwalt fallen solche Dinge nicht auf. Ebenso wenig macht er sich Gedanken zu der Frage, wieso der in der Anzeige genannte Peter Müller jener Peter Müller sein soll, der den angeblichen Beitrag verfasst haben soll. Zum betreffenden Allerweltsnamen findet alleine die Telekom-Auskunft 649 Einträge. In der Anzeige selbst steht kein Wort darüber, wie die Firma und der Anwalt auf den betreffenden Peter Müller kommen, dessen Adresse sie angeben.
Der Staatsanwalt überlegt sich überdies nicht, dass man in Internetforen (und danach sieht der Ausdruck aus) sehr häufig anonym oder unter beliebig gewählten Namen kommentieren kann. Es könnte also auch ein Tobias Stein sich als Peter Müller eintragen. Sogar der Geschäftsführer der Anzeigenerstatterin käme als Autor in Betracht. Wie eigentlich jeder Bürger dieser Erde, der Zugang zum Internet hat.
Letztlich könnte der Staatsanwalt auch ein ein wenig googeln. Wenn er den Namen der Firma eingäbe, stieße er er auf unzählige Erfahrungsberichte, die genau das als richtig bestätigen, was Peter Müller geschrieben haben soll. Er würde sogar auf Einträge stoßen, die zu Verbraucherzentralen führen. Die haben nämlich auch schon davor gewarnt, sich von den „Gewinnen“ der Firma blenden zu lassen.
Aber der Staatsanwalt schreibt dem Anwalt nicht zurück, dass die Anzeige nicht nachvollziehbar ist und insbesondere jeder Anknüpfungspunkt dafür fehlt, wieso ausgerechnet der genannte Peter Müller Autor des angeblichen Beitrags sein soll. Er fordert den Anwalt nicht auf, nachzubessern.
Ebenso wenig kommt er auf die Idee, das Verfahren gleich einzustellen oder die Anzeigenerstatterin auf den Privatklageweg zu verweisen.
Der Staatsanwalt ordnet lieber an, dass Peter Müller bei der Kriminalpolizei erscheinen soll. Dort soll er aussagen.
Peter Müller ist jetzt offiziell Beschuldigter in einem Strafverfahren und hat künftig einen Eintrag im Behördencomputer. Über die blöde Firma schüttelt er nur den Kopf. Vom betriebsblinden Staatsanwalt ist er allerdings entsetzt.