Kofferbomber: Es begann mit einer Mail

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Noch posiert er charmant, gestern um 13.46 Uhr war es, vor den Kameraleuten. Der 23-jährige Youssef Mohamad E.H. bleckt die Zähne, signalisiert so ein breites Lächeln. Ganz so, als wäre das Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichts Düsseldorf ein Fotostudio. Selbst der sonst spröde Vorsitzende des Staatsschutzsenats ist um das „Profil“ des mutmaßlichen Kofferbombers bemüht und platziert eine Zeichnerin näher an ihn ran.

Doch dann mahnt Ottmar Breidling ihn: „Schauen Sie uns an! Wir möchten Ihr Gesicht sehen! So, jetzt sind Sie quasi online!“ Während der ersten Stellungnahme des Angeklagten zu den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft: Versuchter Mord an ungezählten Menschen. „Ich bin froh, aber nicht erfreut“, mit diesen Worten beginnt Youssef Mohamad E.H. seine vom Blatt abgelesene Aussage. Um dann zu erklären: „Ich bin froh darüber, dass wir in letzter Minute verhindert haben, dass unschuldige Menschen sterben“.

Aber eben, und das klingt schon nach der Reue eines Geständnisses, überhaupt nicht erfreut darüber, „dass ich diesen Weg mit Jihad H. zusammen gegangen bin“. Das ist seine blumige Umschreibung für das gemeinsame Basteln von Kofferbomben, die im Sommer vor zwei Jahren in deutschen Zügen explodieren sollten. Die Idee dazu, sagt der Angeklagte, habe dieser Jihad H. gehabt. Der hatte, wie berichtet, bei seinen Vernehmungen im Libanon den in Düsseldorf Angeklagten als Drahtzieher beschuldigt.

Doch wiederum Youssef Mohamad E.H. sagte gestern, alles habe mit einer E-Mail von Jihad angefangen. Dann habe der ihn in Kiel besucht. „Ich habe da zwar an den Dschihad geglaubt, den Heiligen Krieg. Ich war auch gegen US-Soldaten im Irak. Aber gegen Gewalt“. Seinen Bekannten Jihad aus dem Libanon ließ er in die Wohnung, gab ihm den Schlüssel, ließ ihn an seinen Computer. Und über den kriegte sein Besucher eine Datei geschickt, „wie man Bomben baut“.

Er sei überrascht gewesen und habe gefragt: „Das ist doch sehr gefährlich, was willst du denn damit?“ Doch Jihads Antwort war: „Das ist doch normal“. Der Freund „war auch für die Tötung im Falle eines Krieges“. Ja, es sei die religiöse Pflicht, jemanden zu töten, der den Propheten beleidige. Damit hatte Jihad D. die Mohammed-Karikaturen gemeint, die Anfang 2006 erst in Dänemark und später auch Deutschland veröffentlich worden waren.

Sich selbst beschreibt Youssef E.H. als einen Verführten, dessen erste Sorge seinem Studium galt. Doch nach und nach schlich sich bei ihm ein, dass die palästinensische Hamas keine terroristische Organisation ist, sondern nur eine „islamistische“. Bereits gestern hat der Staatsschutzsenats-Vorsitzende angekündigt, dass es in den nächsten Verhandlungen viele Fragen an den Angeklagten geben wird: „Wir wollen soweit wie möglich an das Tatgeschehen heran“, sagte Ottmar Breidling.

Mit anderen Worten: Die angeklagte Tat ist noch längst nicht aufgeklärt. Im weiteren Prozessverlauf wird sich zeigen, ob Youssef Mohamad E.H. dann wieder „online“ ist. (pbd)