Von Diplom-Jurist Sascha Kremer
Online-Spiele (genauer wohl Massive Multiplayer Online Games oder kurz
MMORPG) sind für Spielehersteller und Spieler gleichermaßen interessant: Der Hersteller verdient nicht nur beim erstmaligen Verkauf des Spiels über die Ladentheke, sondern auch an in der Regel monatlichen Abo-Gebühren für das Bereithalten des „Spielbretts“ im Internet. Der Spieler kann dafür im Gegenzug die Vorzüge einer im Grundsatz unendlichen Spielewelt genießen, in der er auf „reale“ Kontrahenten und Mitstreiter stößt.
Eines dieser Online-Spiele ist World Of Warcraft. Hersteller Blizzard gestattet jedem Käufer nach dem Kauf des Spielepakets für einen Monat die kostenlose Nutzung der Online-Spielewelt, danach ist der Abschluss eines Abos mit einer Vertragslaufzeit von einem, drei oder sechs Monaten fällig.
Der „Haken“ des Abo-Modells: Nur in den Zahlungsbestimmungen wird darauf hingewiesen, dass sich das Abo nach Ablauf der Vertragslaufzeit automatisch um die jeweils gewählte Vertragsdauer verlängert, wenn der Nutzer nicht vorher kündigt.
Wer die Zahlungsbestimmungen nicht gelesen hat, fragt sich – wie einige Leser des law blog – , ob eine solche automatische Aboverlängerung „versteckt“ in den Zahlungsbestimmungen zulässig ist. Die Antwort fällt bei „World Of Warcraft“ eindeutig aus: ja.
Die Zahlungsbestimmungen von Blizzard sind Allgemeine Geschäftsbedingungen
(AGB) iSv § 305 Abs. 1 BGB. Entsprechend den von der Rechtsprechung zur Einbeziehung von AGB im Internet entwickelten Grundsätzen ist vor Abschluss des Abos durch einen als Link ausgestalteten deutlichen Hinweis darauf aufmerksam gemacht worden, dass dem Abo die Zahlungsbestimmungen zugrunde liegen. Damit ist auch den Anforderungen an eine wirksame Einbeziehung der AGB nach § 305 Abs. 2 BGB Rechnung getragen worden, zumal der Kunde auch noch ein Häkchen vor die Zeile „Ich habe die folgenden Zahlungsbestimmungen gelesen und stimme diesen Zahlungsbedingungen zu“ setzen muss.
In den Zahlungsbestimmungen selbst wird gleich dreimal darauf hingewiesen, dass sich das Abo automatisch um eine weitere Abo-Periode verlängert. Eine solche Verlängerung ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305c BGB) und damit in AGB ohne weiteres zulässig. Auch inhaltlich verstößt die automatische Verlängerung trotz des missglückten Hinweises auf die „Möglichkeit zur Vereinfachung der Abonnementverwaltung“ nicht gegen die in den §§ 307 bis 309 BGB vorgegebenen Schranken für AGB, zumal der Kunde bis zur letzten Minute seiner Abo-Dauer den Abo-Vertrag noch kündigen und damit die automatische Verlängerun verhindern kann.
In Schwierigkeiten könnte Blizzard aber unter einem ganz anderen Gesichtspunkt kommen:
Der Hersteller verkauft dem Kunden nämlich hier nicht nur ein Online-Spiel, dessen Nutzungsbestimmungen (Teil 1 | Teil 2) detailliert geregelt sind. Zugleich wird dem Kunden aber auch eine Nutzungsmöglichkeit am „Spielbrett“ im Internet, sprich an der dort zur Realisierung des Online-Spiels bereitgehaltenen Hard- und Software, eingeräumt.
Damit erbringt Blizzard aber auch eine Dienstleistung, die nach § 312b Abs.
1 BGB Gegenstand eines über das Internet abgeschlossenen Fernabsatzvertrags ist (die Ausnahmetatbestände des § 312b Abs. 3 BGB greifen nicht).
Bei Fernabsatzverträgen gewährt § 312d Abs. 1 BGB jedem Verbraucher ein Widerrufsrecht. Hier wird gerne übersehen, dass ein Widerrufsrecht nicht nur bei der Lieferung von Waren, sondern eben auch bei der Erbringung von Dienstleistungen bestehen kann. Da ein Online-Spiel im Regelfall nicht zum Zweck der gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen wird (siehe § 13 BGB), dürfte auch nahezu jeder Spieler ein Verbraucher sein.
Folge: Mit Abschluss des Abo-Vertrags wäre den Spielern ein Widerrufsrecht einzuräumen gewesen, worauf – zumindest nach unserer Kenntnis – nicht hingewiesen wurde. Ohne Hinweis erlöscht aber selbst mit Inanspruchnahme der Dienstleistung (hier also das Abo) das Widerrufsrecht nicht, sodass es ggf.
auch nach Wochen oder Monaten und auch nach der automatischen Verlängerung noch ausgeübt werden könnte.
Nach Ausübung des Widerrufsrechts sind aber nicht nur die jeweils erbrachten Leistungen zurückzugewähren, sondern vielmehr wird auch der zuvor wirksame Vertrag wegen des Widerrufs unwirksam (siehe §§ 357 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB).
Blizzard hätte damit also zwar zunächst wirksam über die Zahlungsbestimmungen das Abo automatisch verlängert, der Kunde könnte sich aber über das Widerrufsrecht von seinem Abo wieder lösen.
Hier kann man sicherlich darüber streiten, ob für die bereits in Anspruch genommenen Aboleistungen eine Rückabwicklung noch möglich ist oder der Kunde nicht in jedem Fall für die von Blizzard erbrachten Dienstleistungen ohnehin Wertersatz in Höhe der Abogebühren zu zahlen hätte – für die Zukunft jedenfalls wäre der Kunde ab dem Tag der Ausübung des Widerrufsrechts von seinen Abo-Gebühren befreit.
Bleibt nur die Frage: Was sagt Blizzard dazu? Wir werden sehen.