Zahlreiche Leser fragen nach den Hintergründen in der Sache Novitel / Olbertz (siehe auch Eintrag gestern) und zur Haftung von Weblogbetreibern. Bevor ich etliche E-Mails schreibe, veröffentliche ich zunächst unsere Antragserwiderung, aus der sich das meiste herauslesen lässt.
Wen es also interessiert (Vorsicht Juristendeutsch!) , klickt
Vorab als Fax: 030 / 9023 – 2223
Amtsgericht Mitte
Littenstraße 12 – 17
10179 Berlin
Novitel Berlin Vertriebs GmbH ./. Olbertz
20. Oktober 2004
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
Novitel Berlin Vertriebs GmbH ./. Olbertz
Geschäfts-Nr.: 15 C 1011/04
bestellen wir uns zu Prozessbevollmächtigen des Verfügungsbeklagten. In der mündlichen Verhandlung werden wir beantragen, wie folgt zu erkennen:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.
Begründung:
Die Anträge der Verfügungsklägerin zu 1. a) und b) sowie zu 2. a) und 2. b) sind unzulässig und unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die Verfügungsklägerin hat weder einen Ver-fügungsanspruch noch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.
I.
Der von der Verfügungsklägerin geschilderte Sachverhalt entspricht in wesentlichen Punkten nicht den tatsächlichen Gegebenheiten und bedarf daher ebenso einer korrigierenden Darstel-lung wie die völlig unhaltbaren Rechtsauffassungen der Verfügungsklägerin.
1. Richtig ist, dass der Verfügungsbeklagte Inhaber der sog. Second-Level Domain „blogger“ unter der sog. Top-Level Domain „de“ ist und im Internet unter der aus Se-cond-Level und Top-Level Domain gebildeten Internetadresse blogger.de (http://blogger.de oder http://www.blogger.de) den von ihm angebotenen gleichnami-gen Teledienst „blogger.de“ betreibt.
a. Der Teledienst „blogger.de“ bietet Dritten, die weder geschäftsmäßig noch gewerblich tätig sind, die Möglichkeit, unter einer – im Wesentlichen frei wählbaren – „Third-Level“ Domain (häufig auch Subdomain genannt) ein sog. Weblog oder Blog zu betreiben. Weblogs stellen eine besondere Form der Prä-sentation von – häufig persönlichen – Gedanken, Meinungen und Informationen im Internet dar. Die Internetadresse zu einem solchen Weblog lautet dann „THIRD-LEVEL-DOMAIN.blogger.de“.
b. Der vom Verfügungsbeklagten betriebene Teledienst „blogger.de“ verfügt über eine die Vorgaben des § 6 TDG berücksichtigende Anbieterkennzeichnung, die auf der Internetseite zulässigerweise als „Impressum“ gekennzeichnet ist.
2. Falsch ist demgegenüber die Behauptung der Verfügungsklägerin, der Verfügungsbe-klagte zeichne auch für die Third-Level Domain „sakemaki“ und das unter der Inter-netadresse sakemaki.blogger.de (http://sakemaki.blogger.de) betriebene Weblog eines Dritten mit dem Namen „Irrenhaus Berlin“ (im Folgenden Weblog „Irrenhaus Berlin“) verantwortlich.
a. Das Weblog „Irrenhaus Berlin“ ist bereits ausweislich des äußeren Erschei-nungsbilds und der deutlichen Differenzierung zwischen den Angeboten von blogger.de einerseits und „Irrenhaus Berlin“ andererseits – unter anderem we-gen der Erreichbarkeit unter zwei verschiedenen Internetadressen – als eigen-ständiger Teledienst identifizierbar.
b. Für diesen Teledienst zeichnet allein der Betreiber des Weblogs „Irrenhaus Berlin“ verantwortlich. Nur der Betreiber dieses Teledienstes ist Inhalteanbie-ter i.S.d. § 8 Abs. 1 TDG (sog. Content-Provider) und als solcher für die dort eingestellten Inhalte verantwortlich. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch der Betreiber des Weblogs als Inhalteanbieter selbstverständlich nach § 8 Abs. 1 TDG nur für eigene Informationen, keinesfalls jedoch für die von Dritten – etwa als Kommentar eingestellten – Informationen haftet.
c. Das Weblog „Irrenhaus Berlin“ erfüllt zwar die Voraussetzungen eines Tele-dienstes i.S.d. § 2 TDG. Allerdings wird das Weblog „Irrenhaus Berlin“ nicht geschäftsmäßig, sondern lediglich als rein private Kommunikationsmöglich-keit betrieben, so dass es einer Anbieterkennzeichnung gemäß § 6 TDG für dieses Weblog entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin überhaupt nicht bedarf. Es wäre Sache der Verfügungsklägerin, die Voraussetzung eines „geschäftsmäßigen Teledienstes“ glaubhaft zu machen; dies ist aber ersichtlich nicht geschehen.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei Angeboten im Internet regelmäßig nicht um Mediendienste i.S.d. MDStV handelt und deshalb die Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung aus § 10 MDStV gar nicht erst greift. Im Übrigen scheint der Verfügungsklägerin entgangen zu sein, dass der MDStV durch den JMStV in wesentlichen Teilen bereits zum 01.04.2003 ge-ändert wurde und sich die Verpflichtung zur Anbieterkennzeichnung nun in § 10 MDStV und nicht mehr in § 6 MDStV findet.
3. Tatsächlich fand sich im Weblog „Irrenhaus Berlin“ – und damit wenn überhaupt im Verantwortungsbereich des Betreibers dieses Weblogs – unter der Internetadresse http://sakemaki.blogger.de/stories/146660/#147794 der von der Verfügungsklägerin im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 23.09.2004 auf Seite 2 näher bezeichnete Kommentar eines Nutzers mit dem Benutzernamen „Strichmaennchen“ zu einem vom Betreiber dieses Weblogs veröffentlichten Beitrag mit dem von der Verfü-gungsklägerin ebenfalls zutreffend bezeichneten Inhalt. Allerdings räumt die Verfü-gungsklägerin auf Seite 3 ihrer Antragsschrift ebenfalls ein, dass die vom Verfü-gungsbeklagten gespeicherte fremde Information eines Dritten unverzüglich gelöscht worden ist, nachdem die Verfügungsklägerin auf diese Information hingewiesen hatte (dazu später mehr).
Ob es auch Hinweise der Verfügungsklägerin – wie von dieser behauptet – auf weitere fremde Informationen im Weblog „Irrenhaus Berlin“ gegeben hat, die nach Auffas-sung der Verfügungsbeklagten eine Rechtsverletzung darstellen, kann hier dahinge-stellt bleiben, da diese ausweislich der von der Verfügungsbeklagten gestellten Anträ-ge zu 1. a) und 1. b) gar nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits sind.
4. Die Schlussfolgerung der Verfügungsklägerin, die aus dem Fehlen einer – rechtlich gar nicht erforderlichen – Anbieterkennzeichnung beim Weblog „Irrenhaus Berlin“ in ei-nem „Umkehrschluss“ zur Verantwortlichkeit des Verfügungsbeklagten als Betreiber der „übergeordneten Domain blogger.de“ kommt, ist schon im Ansatz nicht nachvoll-ziehbar.
a. Bereits aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass der Verfügungskläger nicht als Content-Provider gemäß § 8 Abs. 1 TDG für die im Weblog „Irrenhaus Berlin“ angebotenen Informationen verantwortlich zeichnet. Denn der Verfü-gungsbeklagte stellt für die Betreiber der einzelnen unter einer Third-Level Domain angebotenen privaten Weblogs lediglich die technische und organisa-torische Plattform bereit, unter der die Betreiber als Content-Provider i.S.d. § 8 Abs. 1 TDG tätig werden.
b. Mit der Bereitstellung der technischen und organisatorischen Plattform für die Content-Provider speichert der Verfügungsbeklagte fremde Informationen für einen Nutzer i.S.d. § 11 TDG und betätigt sich insoweit als sog. Host-Provider, der durch § 11 TDG in der Haftung für die von ihm gespeicherten fremden In-formationen erheblich privilegiert wird.
c. Ausweislich des Urteils des BGH vom 11.03.2004 (Az.: I ZR 304/01, Volltext in Kopie beigefügt) greift die Privilegierung des § 11 TDG für Host-Provider allerdings nur gegenüber Schadensersatzansprüchen und drohender strafrecht-licher Verantwortlichkeit, während der Host-Provider für – hier allein streitge-genständliche – Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach den allgemei-nen Grundsätzen der Störerhaftung einzustehen hat (ebenso Spindler, NJW 2002, 921, 922 sowie MMR 2004, 333, 334; Volkmann, K&R 2004, 231; a.A. OLG Brandenburg, JurPC Web-Dok. 222/2004 Abs. 37; OLG Düsseldorf, MMR 2004, 315, 316; LG Düsseldorf, JurPC Web-Dok. 11/2003; Leupold, MMR 2004, 318, 319).
d. Allerdings besteht nach wohl allgemeiner Auffassung zwischen der Privilegie-rung des § 11 TDG sowie den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung kei-nerlei Unterschied, soweit es um die Ablehnung präventiver Überwachungs-pflichten für Host-Provider hinsichtlich der von Ihnen gespeicherten fremden Informationen geht (vgl. OLG Köln, JurPC Web-Dok. 69/2002; LG Berlin, JurPC Web-Dok. 313/2003; Spindler, MMR 2001, 737, 741 und MMR 2004, 333, 334; Volkmann, K&R 2004, 231, 232). Der Host-Provider haftet demnach für die von ihm gespeicherten fremden Informationen auch bei gegen ihn ge-richteten Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen nur dann, wenn er posi-tive Kenntnis von den einen Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch be-gründenden rechtswidrigen Informationen erhält und dann nicht unverzüglich reagiert, vgl. insoweit die mit den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung übereinstimmende Regelung in § 11 S. 1 Nr. 2 TDG.
Eine solche positive Kenntnis ist aber keinesfalls im Sinne einer abstrakten technischen Kenntnis wegen der – ohnehin nur automatisch erfolgenden – Spei-cherung der fremden Informationen durch den Host-Provider zu sehen. Viel-mehr liegt eine positive Kenntnis von durch den Host-Provider gespeicherten rechtswidrigen fremden Informationen nur dann vor, wenn beim Host-Provider ein aktuelles und tatsächliches, menschliches Wissen auf Seiten vorhanden ist, dass diesem ein unverzügliches Tätigwerden ermöglicht (vgl. nur OLG Bran-denburg, JurPC Web-Dok. 222/2004 Abs. 29; LG Berlin, JurPC Web-Dok. 313/2003; LG Düsseldorf, JurPC Web-Dok. 11/2003; LG Potsdam, JurPC Web-Dok. 339/2002 Abs. 29 ff.; Ehret, CR 2003, 754, 759; Leible/Sosnitza, K&R 2003, 90, 91; Spindler, MMR 2004, 333; Volkmann, K&R 2004, 231, 232). Faktisch erlangt der Host-Provider daher erst Kenntnis von durch ihn ge-speicherten rechtswidrigen fremden Informationen, wenn von einem Dritten eine konkrete Information beanstandet wird (vgl. OLG Brandenburg, JurPC Web-Dok. 222/2004 Abs. 29; LG Düsseldorf, JurPC Web-Dok. 11/2003; Eh-ret, CR 2003, 754, 759; Spindler, MMR 2001, 737, 740). Eine darüber hinaus gehende Verpflichtung des Betreibers zur selbständigen Kontrolle aller Trans-aktionen im Sinne einer allgemeinen Überwachungspflicht existiert nicht.
Es kann daher keinesfalls die Rede davon sein, dass der Host-Provider lediglich wegen einer fehlenden Anbieterkennzeichnung auf einer von ihm gespeicherten Seite im In-ternet, die ausschließlich fremde Informationen enthält, automatisch für sämtliche In-halte dieser von ihm gespeicherten Seite im Internet haftet.
II.
Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist bereits man-gels Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin Mitte für diesen Antrag als unzulässig zurückzu-weisen.
1. Das Amtsgericht Berlin Mitte ist für eine Entscheidung über den von der Verfügungs-klägerin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits gemäß § 13 Abs. 1 UWG sachlich unzuständig, soweit sich die Verfügungsklägerin zur Be-gründung der von ihr geltend gemachten Anträge auf das UWG beruft. Insofern wäre das Landgericht sachlich zuständig. Allerdings greifen die Regelungen des UWG nach Auffassung des Verfügungsbeklagten vorliegend ohnehin nicht durch; die Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor einem nach der eigenen Be-gründung sachlich unzuständigen Gericht verdeutlicht aber einmal mehr die Aus-sichtslosigkeit des von der Verfügungsklägerin gestellten Antrags und die Absurdität der hiermit verfolgten Ziele.
2. Im Übrigen ist das Amtsgericht Berlin Mitte zur Entscheidung über den von der Ver-fügungsklägerin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedenfalls örtlich unzuständig.
a. Anders als von der Verfügungsklägerin dargestellt ist der Ansatzpunkt für die gegen den Kläger gerichteten Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nicht eine Haftung des Verfügungsbeklagten als Content-Provider, also eine Haftung für die Inhalte der im Weblog „Irrenhaus Berlin“ veröffentlichten Informatio-nen. Dies wurde bereits ausführlich dargestellt und bedarf keiner weiteren Er-örterung. Vielmehr ist richtiger Ansatzpunkt für gegen den Verfügungsbeklag-ten geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche die Nichtbe-folgung der den Verfügungsbeklagten als Host-Provider treffenden Verpflich-tung zur Beseitigung von ihm gespeicherter fremder Informationen, sofern die-se Rechte Dritter verletzen und der Verfügungsbeklagte als Host-Provider hier-von positive Kenntnis erlangt hat. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen.
b. Die mit dem von der Verfügungsklägerin geltend gemachten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verfolgte Verletzungshandlung des Verfü-gungsbeklagten könnte damit allenfalls in der Unterlassung der Beseitigung einer dem Verfügungsbeklagten positiv bekannten und von ihm gespeicherten fremden Information liegen. Dieses Unterlassen der Beseitigung findet aber nicht bundesweit bei jedem Aufruf der streitgegenständlichen vom Verfü-gungsbeklagten gespeicherten fremden Information statt; insofern verwechselt die Verfügungsklägerin die Unterlassung der Beseitigung mit der Unterlassung der Verbreitung. Letztere kann aber nur vom für den Inhalt der fremden Infor-mationen möglicherweise verantwortlichen Betreiber des Weblogs „Irrenhaus Berlin“ oder vom Autor der fremden Information verlangt werden, keinesfalls aber vom Verfügungsbeklagten als Host-Provider des Weblogs „Irrenhaus Ber-lin“.
c. Die Unterlassung der Beseitigung unter den oben benannten Voraussetzungen gehört zu den Verpflichtungen des Host-Providers, die dieser lediglich an dem Ort vornehmen kann, an dem vom Host-Provider der vom ihm angebotene Dienst – hier also vom Verfügungsbeklagten der Dienst blogger.de – technisch und organisatorisch betrieben wird. Dieser Ort ist aber für den hier streitgegen-ständlichen Sachverhalt keinesfalls in Berlin gelegen, sondern befindet sich mangels entgegenstehender Ansatzpunkte – die im Übrigen von der Verfü-gungsklägerin glaubhaft zu machen wären – in Moers am Wohnort des Verfü-gungsbeklagten. Sowohl unter Heranziehung der §§ 12, 13 ZPO als auch ggf. der §§ 21, 32 ZPO ergibt sich demnach die örtliche Zuständigkeit des Amtsge-richts Moers oder – nach Lesart der Verfügungsklägerin wegen ihrer Berufung auf das UWG – des Landgerichts Kleve.
III.
Die Anträge der Verfügungsklägerin zu 1. a) und 1. b) sind beide unbegründet, weshalb der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenfalls zurückzuweisen ist.
1. Mit dem Antrag zu 1. a), wonach dem Verfügungsbeklagten die Behauptung untersagt werden soll, Alexander Dau befindet sich derzeit in Untersuchungshaft und dem An-trag zu 1. b), wonach dem Verfügungsbeklagten die Behauptung untersagt werden soll, es laufen mehrere Strafverfahren gegen Beschäftigte der Verfügungsklägerin, verfolgt die Verfügungsklägerin ein Ziel, dass sich bereits vor Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, den die Verfügungsklägerin am 23.09.2004 beim Amtsgericht Berlin Mitte eingereicht hat, erledigt hatte.
Die Verfügungsklägerin verschweigt insoweit, dass die streitgegenständlichen Be-hauptungen im Kommentar des unter dem Benutzernamen „Strichmaennchen“ auftre-tenden Nutzers bereits vor dem Mittag des 20.09.2004 gelöscht worden sind. Ausweis-lich des zur Glaubhaftmachung als
Anlage VB1
vorgelegten Ausdrucks einer E-Mail der Verfügungsklägerin vom 20.09.2004 bestätigt die Verfügungsklägerin durch ihren Geschäftsführer, der auch im hier anhängigen Rechtsstreit die Verfügungsklägerin vertritt, dem Verfügungsbeklagten, dass die Ver-fügungsklägerin die Löschung des Kommentars zur Kenntnis genommen hat. Wörtlich heißt es in dieser E-Mail:
„Sehr geehrter Herr Olbertz, vielen Dank für die Löschung der Verleum-dung von ‚Strichmaennchen’.“
Zu keinem Zeitpunkt seit Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Ver-fügung durch die Verfügungsklägerin am 23.09.2004 hat demnach ein wie auch immer geartetes Rechtsschutzbedürfnis oder ein wie auch immer gearteter Verfügungsan-spruch oder Verfügungsgrund zugunsten der Verfügungsklägerin hinsichtlich der An-träge zu 1. a) und 1. b) bestanden. Die Verfügungsklägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, woraus sich trotz der von ihr selbst auch eingeräumten Löschung des Kom-mentars, der Ausgangspunkt für den hier anhängigen Rechtsstreit ist, ein auf die An-träge zu 1. a) und 1. b) gerichteter Verfügungsanspruch oder Verfügungsgrund erge-ben sollte.
2. Hinsichtlich des Antrags zu 1. a) fehlt es der Verfügungsklägerin zudem an der Aktiv-legitimation, denn die Verfügungsklägerin kann gar nicht Inhaberin eines den Antrag zu 1. a) begründenden Anspruchs sein. Durch die mit dem Antrag zu 1. a) angegriffe-ne Äußerung wird allein Alexander Dau angesprochen, nicht aber die Verfügungsklä-gerin. Es wird auch nicht behauptet, dass Alexander Dau „stellvertretend“ für die Ver-fügungsklägerin oder aber wegen einer für die Verfügungsklägerin ausgeübten Tätig-keit in Untersuchungshaft sitzen würde. Damit fehlt es an jedwedem Zusammenhang zwischen der mit dem Antrag zu 1. a) angegriffenen Äußerung des unter dem Benut-zernamens „Strichmaennchen“ auftretenden Nutzers und Autors der Äußerung sowie der Verfügungsklägerin.
3. Auch hinsichtlich des Antrags zu 1. b) fehlt es der Verfügungsklägerin an der Aktivle-gitimation, denn auch insoweit kann die Verfügungsklägerin gar nicht Inhaberin eines den Antrag zu 1. b) begründenden Anspruchs sein. Denn auch die mit dem Antrag zu 1. b) angegriffene Äußerung betrifft nicht die Verfügungsklägerin als solche, sondern richtet sich gegen eine genau bezeichnete Person, gegen die ein – sogar mit dem zuge-hörigen Aktenzeichen benanntes – Strafverfahren laufen soll. Auch in dieser Äußerung wird keinerlei Zusammenhang zwischen der Verfügungsklägerin und der Person, ge-gen die ein Strafverfahren laufen soll, hergestellt, der geeignet wäre, die Verfügungs-klägerin auch nur im Ansatz in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Im Übri-gen hat die Verfügungsklägerin weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die Äußerung hinsichtlich des laufenden Strafverfahrens falsch sei. Es wäre für die Verfü-gungsklägerin ohne weiteres möglich gewesen, eine Auskunft der zuständigen Staats-anwaltschaft vorzulegen, dass unter dem genannten Aktenzeichen kein Ermittlungs-verfahren gegen einen Beschäftigten der Verfügungsklägerin läuft. Solange die Verfü-gungsklägerin diesbezüglich aber ihrer Pflicht zur Darlegung und Glaubhaftmachung eines von der angegriffenen Äußerung abweichenden Sachverhalts nicht nachgekom-men ist, fehlt ihr jedwede Grundlage für ein gerichtliches Vorgehen gegen die ange-griffene Äußerung.
4. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass ein Anspruch der Verfügungsbeklagten auf Beseitigung des den Anlass zum hier anhängigen Rechtsstreit darstellenden Kom-mentars nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung erst in dem Zeitpunkt hätte entstehen können, in dem der Verfügungsbeklagte trotz positiver Kenntnis von einer von ihm als Host-Provider gespeicherten rechtswidrigen fremden Information diese nicht unverzüglich gelöscht hätte. Hierzu sei erneut auf das oben Gesagte ver-wiesen. Ein auf Beseitigung gerichteter Anspruch der Verfügungsklägerin konnte fak-tisch aber nie entstehen, da der Kommentar unverzüglich nach entsprechenden Auf-forderungen der Verfügungsklägerin gelöscht worden ist. Nur vorsorglich wird bestrit-ten, dass der von der Verfügungsklägerin ausführlich beschriebene Inhalt der vom Verfügungsbeklagten gespeicherten fremden Information einen Straftatbestand erfüllt oder aber in sonstiger Weise Rechte der Verfügungsklägerin verletzt. Auch hier wäre es Aufgabe der Verfügungsklägerin gewesen, diese Behauptung durch entsprechenden Vortrag glaubhaft zu machen.
5. Ebenfalls nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Anträge der Verfügungsklä-gerin zu 1. a) und 1. b) falsch gestellt wurden. Aus der Verantwortlichkeit des Verfü-gungsbeklagten als Host-Provider ergibt sich nach Erlangung positiver Kenntnis einer von ihm gespeicherten rechtswidrigen fremden Information zunächst nur eine Ver-pflichtung zur Beseitigung dieser fremden Information. Die Verfügungsklägerin macht gegenüber dem Verfügungsbeklagten aber keinen Beseitigungsanspruch, son-dern einen auf die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch geltend. Ganz abgese-hen davon, dass die Verfügungsklägerin die für einen Unterlassungsanspruch erforder-liche Wiederholungsgefahr in keiner Weise glaubhaft gemacht hat, käme ein Unterlas-sungsanspruch ohnehin nur dann in Betracht, wenn zu befürchten wäre, dass der Ver-fügungsbeklagte entweder a) die beseitigte fremde Information wieder für einen Drit-ten speichern würde oder b) sich die von ihm gespeicherte fremde Information zu ei-gen machen würde. Es ist aber weder für Möglichkeit a) noch für Möglichkeit b) in tatsächlicher Hinsicht auch nur im entferntesten ein Ansatzpunkt ersichtlich, der zur Grundlage der von der Verfügungsklägerin mit den Anträgen zu 1. a) und 1. b) ver-folgten Unterlassungsansprüche gemacht werden könnte. Ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin „nach § 823 Abs. BGB“ (gemeint ist wohl insgesamt der „hilfsweise“ geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 823 BGB i.V.m. § 1004 BGB), der „nach § 25 UWG (gemeint ist wohl § 12 Abs. 2 UWG) im Wege der einst-weiligen Verfügung durchgesetzt werden könnte“, existiert demnach, anders als von der Verfügungsklägerin angenommen, gar nicht.
6. Rein vorsorglich machen wir darauf aufmerksam, dass das UWG auf den streitgegen-ständlichen Sachverhalt überhaupt keine Anwendung findet.
a. Es fehlt nämlich schon an der entscheidenden Voraussetzung einer Wettbe-werbshandlung i.S.d. § 3 UWG, die überhaupt Ansatzpunkt eines Beseiti-gungs- oder Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1 UWG sein könnte. Nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 UWG handelt es sich bei einer Wettbewerbs-handlung um jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweg-licher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern. Weder der Autor der hier streitgegenständlichen und vom Verfügungsbeklagten gespeicherten frem-den Information noch der Betreiber des Weblogs „Irrenhaus Berlin“ und erst recht nicht der Verfügungsbeklagte haben die von der Verfügungsklägerin zum Gegenstand ihres Vortrags gemachte fremde Information im Weblog „Irren-haus Berlin“ veröffentlicht bzw. diese Veröffentlichung gespeichert, um damit „den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen […] zu fördern“.
b. Die Berichterstattung über die Verfügungsklägerin im Internet, die seit nun-mehr mindestens neun Monaten unvermindert anhält, richtet sich vielmehr ge-gen die – im hier anhängigen Rechtsstreit nicht zu bewertenden – Geschäfts-praktiken der Verfügungsklägerin, insbesondere auch des Umgangs der Verfü-gungsklägerin mit ihren früheren und derzeitigen Arbeitnehmern. Keinesfalls wird mit dieser Berichterstattung aber das Ziel verfolgt, den Absatz eigener oder fremder Unternehmen, die im gleichen oder einem ähnlichen wirtschaftli-chen Bereich wie die Verfügungsklägerin tätig sind, wie auch immer zu för-dern. Die Darlegung und Glaubhaftmachung des Vorliegens einer Wettbe-werbshandlung i.S.d. § 2 Nr. 1 UWG wäre wiederum Sache der Verfügungs-klägerin.
c. Die von der Verfügungsklägerin im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Ver-fügung aufgestellte Behauptung, die vom Verfügungskläger kurzfristig gespei-cherten fremden Informationen seien „vorsätzlich falsch, Inhalte und Äuße-rungen beleidigenden Charakters, Gewalt verherrlichender, obszöner, ver-leumderischer, verletzender, diskriminierender oder pornographischer Art oder solche, durch die der Nutzer gegen bestehende Gesetze verstößt“, ist für sich genommen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet, Verfügungsgrund und ggf. Verfügungsanspruch glaubhaft zu machen, da es an jedweder Be-gründung für diese Behauptung der Verfügungsklägerin fehlt.
IV.
Der Antrag der Verfügungsklägerin zu 2. a) ist ebenfalls unbegründet, weshalb der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenfalls zurückzuweisen ist.
1. Dem Verfügungsbeklagten ist aus dem von der Verfügungsklägerin gestellten Antrag zu 2. a) nicht ohne weiteres ersichtlich, welche Daten genau Gegenstand des von der Verfügungsklägerin behaupteten Herausgabeanspruchs sein sollen. Die Herausgabe von Urheberdaten setzt voraus, dass der Betreiber des unter der von der Verfügungs-klägerin bezeichneten Internetadresse betriebenen Dienstes urheberrechtlich geschütz-te Werke i.S.d. §§ 2 ff. UrhG geschaffen hat. Hierzu hat die Verfügungsklägerin aber nichts vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Auch der Kommentar des unter dem Benutzernamen „Strichmaennchen“ auftretenden Nutzers, der nach Auffas-sung der Verfügungsklägerin rechtswidrig gewesen sein soll und deshalb zum Aus-gangspunkt der Anträge der Verfügungsklägerin zu 1.a) und 1.b) gemacht wurde, stammt schon ausweislich des Vortrags der Verfügungsklägerin nicht vom Betreiber des oben genannten Dienstes (gemeint ist wohl das Weblog „Irrenhaus Berlin“), son-dern vom oben genannten Nutzer; allein dieser ist i.S.d. UrhG Urheber dieses Kom-mentars. Urheberrechte sind aber höchstpersönliche Rechte und können insofern auch nicht von einem Dritten auf welche Art und Weise auch immer erworben werden. Im Übrigen kennt das UrhG keine Rechtsgrundlage für die Herausgabe der persönlichen Daten des Urhebers eines Werks an Dritte.
2. Soweit die Verfügungsklägerin mit ihrem Antrag zu 2. a) das Ziel verfolgen sollte, an die persönlichen Daten des Betreibers des Weblogs „Irrenhaus Berlin“ zu gelangen, der insoweit Anbieter eines nicht geschäftsmäßig betriebenen Teledienstes ist (siehe dazu schon oben), fehlt es einer Anspruchsgrundlage, aus der sich der von der Verfü-gungsklägerin geltend gemachte Herausgabeanspruch ableiten ließe. Die Verfügungs-klägerin verkennt völlig, dass die von ihr benannten Anspruchsgrundlagen aus dem Wettbewerbs- bzw. dem Deliktsrecht lediglich Ansprüche auf Beseitigung, Unterlas-sung oder Schadensersatz rechtfertigen können, keinesfalls aber einen Anspruch auf Herausgabe der persönlichen Daten einer möglicherweise die Rechte Dritter verlet-zenden Person.
3. Letztlich ist dem Verfügungsbeklagten – soweit die Verfügungsklägerin mit dem An-trag zu 2. a) tatsächlich das unter oben 2. benannte Ziel verfolgen sollte – die Heraus-gabe etwaiger ihm bekannten persönlichen Daten des Betreibers des Weblogs „Irren-haus Berlin“ ebenso wie ggf. die Herausgabe etwaiger ihm bekannter persönlichen Daten des unter dem Benutzernamen „Strichmaennchen“ auftretenden Benutzers schon aus rechtlichen Gründen untersagt.
a. Die in den §§ 8 ff. TDG geregelte Verantwortlichkeit eines Diensteanbieters für die von ihm gespeicherten oder vermittelten eigenen oder fremden Daten, also auch die Verantwortlichkeit des Host-Providers nach § 11 TDG im Hin-blick auf Schadensersatzansprüche und strafrechtliche Verfolgung bzw. nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung im Hinblick auf Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche lässt das durch Art. 10 Abs. 1 GG und die §§ 85 ff. TKG geschützte Fernmeldegeheimnis ausdrücklich unberührt. In § 8 Abs. 2 S. 3 TDG heißt es eindeutig: „Das Fernmeldegeheimnis nach § 85 des Tele-kommunikationsgesetzes ist zu wahren.“
b. Der Verfügungsbeklagte ist durch die Bereitstellung der technischen und orga-nisatorischen Plattform für den eigenverantwortlichen Betrieb von Weblogs durch Dritte zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 Abs. 2 S. 1 TKG verpflichtet. Demzufolge ist dem Verfügungsbeklagten gemäß § 85 Abs. 3 S. 3 TKG die Weitergabe seiner Kenntnisse – und damit auch der persönli-chen Daten des Betreibers eines Weblogs – nur gestattet, soweit das TKG oder eine andere gesetzliche Vorschrift diese Weitergabe gestatten und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge beziehen. Eine solche Gestat-tung sehen das G10-Gesetz gegenüber den Verfassungsschutzbehörden und dem BND, das AWG gegenüber dem Zollkriminalamt sowie die §§ 100a, 100b StPO gegenüber Richter oder Staatsanwalt beim Vorliegen bestimmter schwe-rer Straftaten vor. Keine Vorschrift gestattet allerdings die Herausgabe dieser Daten gegenüber Privatpersonen oder einem Gerichtsvollzieher. Eine Heraus-gabe dieser Daten unter Verletzung des Fernmeldegeheimnisses stellt vielmehr unter den Voraussetzungen des § 206 StGB eine Straftat dar.
c. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der richtige Weg der Verfügungsklä-gerin zur Erlangung der begehrten Daten einzig derjenige über die Erstattung einer Strafanzeige und damit über die Staatsanwaltschaft als das gemäß § 152 StPO einzig zur Verfolgung von Straftaten legitimierte Staatsorgan ist. Offen-sichtlich scheint die Verfügungsklägerin diesen Weg aber nicht eingeschlagen zu haben oder aber von der zuständigen Staatsanwaltschaft berechtigterweise gemäß §§ 374, 376 StPO auf den Privatklageweg verwiesen worden zu sein, weshalb Sie nun sogar unter Missachtung des verfassungsrechtlich garantierten Fernmeldegeheimnis und unter völliger Verkennung der tatsächlichen Rechts-lage gegen den Verfügungskläger vorgehen will.
2. Nur vorsorglich machen wir darauf aufmerksam, dass die Verfügungsklägerin für den von ihr mit dem Antrag zu 2. a) geltend gemachten Herausgabeanspruch auch einen Verfügungsgrund weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aus welchem rechtlichen Gesichtspunkt sich hinsichtlich des Antrags zu 2. a) die Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache ergeben soll. Denn mit einer stattgebenden Entscheidung des Gerichts wäre zugleich der Herausgabeanspruch er-füllt, so dass es keines Hauptsacheverfahrens mehr bedürfte, um dort das tatsächliche Bestehen und nicht nur die Glaubhaftmachung eines solchen Herausgabeanspruchs zu erörtern.
V.
Der Antrag der Verfügungsklägerin zu 2. b) ist ebenfalls unbegründet, weshalb der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ebenfalls zurückzuweisen ist. Der auf Gestattung der Durchsuchung der Privatwohnung des Verfügungsbeklagten einschließlich der Beschlagnah-me der Computer gerichtete Antrag der Verfügungsklägerin zu 2. b) steht einer – natürlichen oder juristischen – Person des Privatlebens keinesfalls zu.
1. Die von der Verfügungsklägerin begehrte Hausdurchsuchung und Beschlagnahme soll nicht präventiven Zwecken im Sinne einer Verhinderung zukünftiger Straftaten die-nen, weshalb die entsprechenden Ermächtigungsnormen im PolG NW als Rechts-grundlage von vorneherein ausscheiden, zumal diese Ermächtigungsnormen keines-falls Privatpersonen zur Beantragung einer Hausdurchsuchung ermächtigen.
2. Soweit die Verfügungsklägerin der Ansicht sein sollte, dass – entweder vom Verfü-gungskläger oder aber vom Betreiber des Weblogs „Irrenhaus Berlin“ oder aber vom unter dem Benutzernamen „Strichmaennchen“ auftretenden Nutzer – weitere, gegen welches Rechtsgut auch immer gerichtete Straftaten zu befürchten sein sollten, ver-kennt sie, dass eine Hausdurchsuchung oder eine Beschlagnahme ohne das Bestehen einer tatsächlichen Gefahrenlage nach dem PolG NW rechtswidrig wären. Im Übrigen wäre das Amtsgericht Berlin Mitte für einen auf die entsprechenden Ermächtigungs-normen im PolG NW gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oh-nehin nicht zuständig.
3. Rechtsgrundlage einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme beim Verfügungsbe-klagten könnten demnach allenfalls die §§ 102 ff. StPO sein. Abgesehen davon, dass die Verfügungsklägerin weder den Verdacht einer Straftat i.S.d. § 102 StPO noch eine wie auch immer geartete Berechtigung zur Beschlagnahme i.S.d. § 103 StPO dargelegt und glaubhaft gemacht hat, verkennt Sie auch beim Antrag zu 2. b) wieder, dass in Deutschland das einzige zur Strafverfolgung legitimierte Staatsorgan gemäß § 152 StPO die Staatsanwaltschaft ist. Soweit die Verfügungsklägerin also der Auffassung sein sollte, dass hier eine – von wem auch immer – begangene Straftat vorliegen sollte, liegt es an ihr, sich an die zuständige Staatsanwaltschaft oder die Polizei zu wenden. Erst wenn hier ein Tatverdacht bejaht wird kann im Rahmen eines laufenden Strafver-fahrens unter den Voraussetzungen des § 105 StPO eine Hausdurchsuchung angeord-net werden. Außerhalb eines Strafverfahrens steht es allenfalls bei Gefahr im Verzug – die hier ersichtlich nicht gegeben ist – der eingeschalteten Staatsanwalt oder Polizei frei, eine Hausdurchsuchung anzuordnen.
Nur vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass eine Hausdurchsuchung selbst unter Ein-haltung des richtigen Verfahrensweges erst dann in Betracht kommt, wenn der Verfü-gungsbeklagte gegenüber der Staatsanwaltschaft – und nicht etwa gegenüber der Ver-fügungsklägerin – seine freiwillige Mitwirkung bei der Aufklärung an einer Straftat verweigert hätte. Selbst dann wäre aber noch unter dem Gesichtspunkt des Grundsat-zes der Verhältnismäßigkeit abzuwägen, ob unter Berücksichtigung des seitens der Staatsanwaltschaft festgestellten Tatverdachts überhaupt eine Hausdurchsuchung, ggf. einschließlich der Beschlagnahme des Computers, rechtmäßig wäre.
Soweit die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die Möglichkeit der Privatklage die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels öffentlichem Interesse zu Recht abge-lehnt haben sollte, kann die Verfügungsklägerin nicht auf dem Umweg über einen An-trag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Durchführung einer Hausdurchsu-chung – und damit der Verletzung der durch Art. 13 Abs. 1 GG gerade geschützten Unverletzlichkeit der Wohnung – ihr Ziel mit aller Gewalt unter Missachtung der fun-damentaler rechtsstaatlicher Grundsätze durchsetzen. In Deutschland gibt es aus gutem Grund weder im Hauptsacheverfahren noch im einstweiligen Verfügungsverfahren ei-nen Anspruch zugunsten einer – natürlichen oder juristischen – Privatperson auf Durchführung einer Hausdurchsuchung und Beschlagnahme.
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