Flott unterwegs

Kurzer Blick in den Polizeibericht:

Nicht schlecht staunten die Beamten, als sie ein Pedelec überprüften, bei dem die Trittunterstützung dieses zu einer Höchstgeschwindigkeit von mehr als 140 km/h beschleunigen kann. Die Beamten stellten das Rad zwecks Vorführung bei einem Gutachter sicher.

Cheat-Software ist erlaubt

Einfach mal unbesiegbar sein – welcher Gamer möchte das nicht? Manchmal geht es auch um ein Rätsel im Videospiel, das man schlicht nicht geknackt kriegt. In beiden Fällen kann sogenannte Cheat-Software helfen. Klingt nach Spaß bzw. Erlösung für den Nutzer, aber für den Spielekonzern Sony wurde die Cheat-Software irgendwann zum roten Tuch. Das Unternehmen verklagte die Entwickler einer solchen Software für ein Rennspiel. Der Streit ging bis vor den Bundesgerichtshof.

Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Schnittstelle von Urheberrecht und IT-Basics. Laut dem Gericht schützt das Urheberrecht den Quellcode oder den Objektcode eines Programms, also dessen Herzstück. Die Cheats machen aber was anderes: Sie fummeln an Daten im Arbeitsspeicher der Konsole herum – und das nur vorübergehend. Also handelt es sich um einen vorübergehenden Eingriff in das konkret laufende Spiel, ohne dass der eigentliche Programmcode manipuliert wird. So lange aber der Code nicht umgeschrieben oder kopiert wird, ist kurz zusammengefasst das Gesetz nicht verletzt.

Cheat-Software dürfte damit in den dargestellten Grenzen nun legal sein. Allerdings können Nutzer aber trotzdem gegen die Bedingungen auf Spielplattformen verstoßen, sofern diese Cheats-Software untersagen. Ein Ban wegen der Verwendung solcher Software ist also weiter im Bereich des Möglichen (Aktenzeichen I ZR 157/2).

Niederlage für Dr. Rick und Dr. Nick

Da scrollt man mal durch Instagram, und dann lachen einen verlockenden Vorher-Nachher-Fotos an: Ein schlaffes Kinn wird straff, eine Nase wirkt plötzlich perfekt – alles dank Hyaluron-Spritzen. Genau das haben zwei Ärzte („Dr. Rick und Dr. Nick“), gemacht und so ihre ästhetischen Behandlungen angepriesen. Die Verbraucherzentrale NRW fand das juristisch nicht in Ordnung und zog vor Gericht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden: Solche Werbung ist verboten.

Der Kern der Sache dreht sich um das Heilmittelwerbegesetz (HWG), speziell § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1. Das Gesetz sagt: Für plastisch-chirurgische Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit – also rein kosmetische Maßnahmen – darf man außerhalb von Fachkreisen keine vergleichenden Bilder zeigen. Die Ärzte meinten, Hyaluron-Injektionen seien keine „echten“ Operationen, weil man nicht schneidet, sondern nur mit Kanülen piekst. Minimalinvasiv also, aber damit auch quasi harmlos?

Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Auch Spritzen fallen laut dem Gericht unter das Verbot des Heilmittelwerbegesetz. Warum? Weil der Gesetzgeber schützen will vor Werbung, die Menschen zu riskanten Entscheidungen drängt, ohne dass die Gefahren korrekt überschaubar sind. Auch Hyaluron könne Nebenwirkungen haben, und Vorher-Nachher-Bilder wirkten da wie Verkaufstricks, die den Verstand umnebeln. Der Vergleich mit Tätowierungen oder Piercings, die erlaubt sind, schmettert das Gericht ab. Solche Eingriffe seien nur oberflächlich, nicht so tiefgreifend.

Aktenzeichen I ZR 170/24

Hohe Haftstrafe für Rache-Tattoo

Die Geschichte klingt KI-generiert und irgendwo aus einem Reddit-Subforum gefischt. Aber sie wird auf der offiziellen Seite des Bundesgerichtshofs erzählt, und so können wir so wohl ernst nehmen.

Es geht um den enttäuschten „Kunden“ eines Hobby-Tätowierers. Der Kunde / Kumpel wollte sich die Ziffernfolge „1312“ auf den Handrücken stechen lassen. Eingeweihte wissen, dass diese Zahlenfolge in Buchstaben ausgedrückt ACAB ergibt, also den beliebten Spruch „All Cops Are Bastards“. Leider unterlief dem Tätowierer ein Zahlendreher. Am Ende prangte „1213“ auf den Knöcheln.

Dem Auftraggeber fiel der Fehler auf, und da dieser sich auch tätowierkundig fühlte und wohl eine Art Gegenleistung für die Polizeibeschimpfung vereinbart war, konnte der Enttäuschte selbst zur Nadel greifen. Was er nun seinem Kumpel / Kunde, also dem ursprünglichen Tätowierer, über die Augenbraue tätowieren sollte, ist leider nicht überliefert. Er entschied sich aber jedenfalls für was Anderes, nämlich ein deftiges FUCK in der Größe 1,5 x 4,5 Zentimeter.

Das wiederum beschämte den 1312-Tätowierer so, dass er sich die Haare über das FUCK wachsen ließ, auch weil ihm das Geld für eine Laserbehandlung fehlte. Außerdem kam es zu einer Strafanzeige, und so mussten die Gerichte entscheiden. Ab hier wird die Geschichte zugegebenermaßen deutlich langweiliger. Denn am Bundesgerichtshof ging es nur um die Frage, ob hier eine gefährliche Körperverletzung vorliegt oder gar eine schwere Körperverletzung. Das macht nicht nur bei der juristischen Bewertung einen Unterschied. Sondern auch bei den Strafen; diese können insbesondere wegen erhöhter Mindeststrafen deutlich höher ausfallen.

Anders als das Landgericht bejaht der Bundesgerichtshof eine schwere Körperverletzung im Sinne von § 226 StGB. Es liege eine Entstellung im Sinne des Gesetzes vor. Dass der Betroffene die Stelle mit seinen Haaren überdecke, ändere nichts. Denn es gebe genug Lebenssituationen, etwa im Schwimmbad, wo das nicht funktioniert. Auch die Möglichkeit einer Lasertherapie reicht für die Richter nicht aus. Im Ergebnis droht dem Angeklagten wegen der höheren Strafdrohungen nun eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren für sein Rache-Tattoo. Über die genaue Höhe der Strafe muss aber das Landgericht in einer neuen Verhandlung entscheiden (4 StR 295/24).

„Wir machen ein Minusgeschäft“

Der Anbieter fürs Erdgas zu Hause informierte mich vor kurzem, dass im September die Vertragsbindung ausläuft. Die Firma schlug mir eine Verlängerung vor, wobei die Preise spürbar steigen sollten. Rund 30 Prozent beim Arbeitspreis, fast 50 Prozent bei den Grundkosten.

Ich nahm es gelassen hin. Wird halt alles teurer, kann man nichts machen. Außer mal bei Check 24 oder Verivox gucken, was Neukunden derzeit für die Gaslieferung zahlen müssen. Ganz oben in der Liste auch mein bisheriger Anbieter. Und zwar mit hervorragenden Preisen: rund 10 Prozent unter dem, was ich bisher zahle. Das Verlängerungsangebot wirkte nicht mehr sonderlich attraktiv. Andererseits hatte ich keine Lust auf den Ausfüllkram bei einem Wechsel. Deshalb schrieb ich dem Anbieter eine höfliche Mail. Ich wies auf die Angebotspreise bei Check 24 hin und schlug vor, meinen Vertrag zu den dortigen Konditionen zu verlängern.

Hier die Antwort:

Du hast völlig recht mit deiner Recherche: Auf Vergleichsportalen bieten wir tatsächlich günstigere Tarife an als im Rahmen der Vertragsverlängerung. Gern erkläre ich dir kurz, warum das so ist: Wir nutzen Vergleichsportale vor allem, um bekannter zu werden. Auch wenn du uns schon kennst und vielleicht sogar weiterempfohlen hast, sind etwa drei Viertel aller Haushalte in Deutschland noch beim örtlichen Grundversorger – hier gibt es also noch viel Potenzial.

Allerdings sind die dort angebotenen Tarife für uns wirtschaftlich nicht tragfähig – wir machen mit jedem über ein Vergleichsportal gewonnenen Kunden ein Minusgeschäft. Warum bieten wir dann nicht einfach kostendeckende Tarife dort an? Leider hat sich gezeigt: Sobald wir preislich fair kalkulieren, rutschen wir in den Ranglisten weit nach unten – meist außerhalb der Top 10 – und kaum jemand entscheidet sich dann für uns.

Unsere Lösung:

Wir setzen auf langfristige Beziehungen mit unseren Kund:innen und möchten mit fairem Service und stabilen Preisen überzeugen – ganz ohne jährlichen Anbieterwechsel. Deshalb bieten wir im Rahmen der Vertragsverlängerung Tarife an, die sowohl für dich als auch für uns auf Dauer gut funktionieren.

Neukunden werden also mit einem Lockangebot eingesammelt, bei dem der Anbieter – glauben wir es mal – sogar draufzahlt. Das soll ich als Kunde dann also ab dem zweiten Jahr quer finanzieren mit einem deutlich höheren Preis? Und das alles, weil es ein riesiges Potenzial an Kunden auszuschöpfen gibt, die vielleicht auch mal die Preise ihres Grundversorgers hinterfragen? Bei allem Verständnis für die Dynamik dieses Marktes hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Vor allem für den Umstand, dass ich mehr zahlen soll. Da bin ich mir dann doch selbst der Nächste.

So kompliziert ist der Online-Wechsel auch wieder nicht, wie ich soeben feststellte.

Beigefügt eine Word-Datei…

Die Sache mit dem „besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ (beA) hat sich ja mittlerweile eingespielt. Der tägliche Gebrauch tut zumindest nicht mehr weh. Überraschungen erlebt man als Anwalt trotzdem.

Zum Beispiel die heutige beA-Nachricht von der Strafabteilung eines Amtsgerichts. Zustellung einer Anklageschrift, verbunden mit der üblichen Aufforderung, den Erhalt über das elektronische Empfangsbekenntnis zu bestätigen. Was dann eine Stellungnahmefrist in Lauf setzt. So weit, so normal. Allerdings kommt die betreffende Anklageschrift im .doc-Format, und das Word-Dokument ist noch nicht mal schreibgeschützt. Oder zumindest irgendwie mit einer nachvollziehbaren Struktur formatiert.

So eine Anklageschrift ist kein unbedeutendes Dokument. Sie umreißt, um was es aus Sicht der Anklage im Strafprozess gehen soll. Und zusammen mit dem späteren Eröffnungsbeschluss, den das Gericht nach Prüfung erlässt, ist die Anklage sozusagen die Geschäftsgrundlage für die weitere Verhandlung. Es geht also um Rechtssicherheit. Wie man diese herbeiführt, ist wenig überraschend bei uns natürlich auch penibel geregelt, und zwar in der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV). Deren Paragraf 2 legt unmissverständlich fest, dass Dokumente im PDF-Format übermittelt werden müssen. Müssen.

Ich habe also eine kurze beA-Nachricht ans Gericht geschickt und begründet, warum ich den (ordnungsgemäßen) Eingang der Anklageschrift nicht bestätige. Die Antwort hierauf liebe ich:

Die Anklage wird Ihnen auf postalischem Weg erneut übersandt.

Kommt nicht in Betracht…

Nach einem langen Strafverfahren wurde mein Mandant wegen vieler Vorwürfe freigesprochen. Hängen blieb nur eine Geldstrafe wegen des Besitzes von Cannabis. Die Geldstrafe hat mein Mandant abgearbeitet, mit gemeinnütziger Arbeit. Interessanterweise schreibt ihm die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde nun Folgendes:

Bezüglich des Einziehungsbetrags in Höhe von 9.412,97 € EUR kommt die Ableistung gemeinnütziger Arbeit nicht in Betracht. Es besteht aber die Möglichkeit der Ratenzahlung. Der Antragstellung wird binnen 3 Wochen entgegengesehen.

Das hat meinen Mandanten verschreckt. Zu Recht. Auch ich musste erst mal ins Urteil des Landgerichts schauen. Aber da steht tatsächlich nur die Geldstrafe drin. Kein Wort von einer Einziehung. Diese Einziehung hatte die Staatsanwaltschaft zwar beantragt. Aber eben wegen der Vorwürfe, wegen derer wir einen Freispruch erzielten. Von daher war es auch sachlich richtig, dass das Landgericht im Urteil gerade keine Einziehung angeordnet hat. Hier wird also eine Forderung behauptet, für die es schlicht keine Grundlage gibt.

Ich hätte gern mit der für die Vollstreckung zuständigen Beamtin gesprochen und kurz auf den Fehler hingewiesen. Aber wie bei vielen Staatsanwaltschaften mittlerweile üblich, meldet sich unter der genannten Durchwahl niemand. Unter der Zentralnummer nur Tonband, bis man aus der Leitung fliegt. Muss ich es halt schriftlich machen. Die zusätzliche Zeche zahlt, welche Überraschung, am Ende der Mandant.

Kindermörder Gäfgen möchte Bewährung

Seit 23 Jahren verbüßt der Kindermörder Magnus Gäfgen eine lebenslange Haftstrafe. Nun hat er erneut beantragt, auf Bewährung entlassen zu werden. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main widerspricht dem in einer Stellungnahme. Maßgeblich dürfte ein Sachverständigengutachten zur weiteren Gefährlichkeit Gäfgens sein, welches die zuständige Strafvollstreckungskammer in Auftrag gegeben hat.

Gäfgen hatte im September 2002 den elfjährigen Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet. Gleichwohl verlangte er von den Eltern Lösegeld in Millionenhöhe. Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte Gäfgen im Juli 2003 zu lebenslanger Freiheitsstrafe, wobei die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. Das Verbrechen sorgte damals für bundesweites Entsetzen: Gäfgen hatte das Kind in einer Plastikbox erstickt und die Leiche in einem Teich versteckt, ehe er unter polizeilichem Druck – einschließlich der Androhung von Schmerzen – den Fundort preisgab. Die Polizei hatte bis zu diesem Moment gehofft, Jakob lebend zu bergen. Die angedrohte Polizeigewalt führte zu kontroversen Debatten.

Das Gutachten zur weiteren Gefährlichkeit Gäfgens liegt zwar schon vor, der Sachverständige Rudolf Egg hat es Anfang Juli ans Gericht gesandt. Wie das Gutachten ausfällt, ist aber noch nicht bekannt, berichtet Focus Online. Allerdings soll die Haftanstalt in einer Stellungnahme die weitere Gefährlichkeit Gäfgens bejaht haben. Dem folgend beantragt die Staatsanwaltschaft beim Gericht, Gäfgen weiter Bewährung zu versagen. Bereits 2017 hatte Gäfgen eine vorzeitige Entlassung beantragt. Seinerzeit wurde dies wegen der Rückfallgefahr abgelehnt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt es in Deutschland kein lebenslänglich für Mord, auch wenn es im Gesetz so steht. Vielmehr gebieten es die Menschenwürde und das Resozialisierungsinteresse des Verurteilten, dass auch bei lebenslänglich nach angemessener Zeit eine Bewährung geprüft wird. Das ist normalerweise nach 15 Jahren der Fall. Allerdings wurde im Fall Gäfgen die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Aber selbst dann muss spätestens ab 18 Jahren Haft in regelmäßigen Abständen über eine Bewährung entschieden werden. Das Gericht muss Gäfgen auch persönlich anhören. Wann das geschieht, ist noch nicht bekannt.

Gericht erlaubt Kiffen im Englischen Garten

Im nördlichen Teil des Englischen Gartens in München darf ab sofort wieder Cannabis konsumiert werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat das generelle Cannabis-Konsumverbot in einem Eilverfahren vorläufig aufgehoben.

Seit Inkrafttreten des neuen Bundes-Konsumcannabisgesetzes (KCanG) am 1. April 2024 ist der private, kontrollierte Besitz und Konsum von Cannabis in bestimmten Mengen grundsätzlich erlaubt. Die Bayerische Schlösserverwaltung reagierte darauf mit einer Änderung ihrer Parkanlagenverordnung: Öffentlicher Cannabisgebrauch sollte – unabhängig von Tageszeit oder Besucherzahl – in staatlich verwalteten Gartenanlagen wie dem Englischen Garten, dem Hofgarten und dem Finanzgarten in München vollständig untersagt sein.

Zwei Antragsteller aus dem Münchner Umland legten dagegen Beschwerde ein: ein genussorientierter Erwachsener und ein chronisch kranker Patient auf Cannabistherapie. Sie wandten sich gegen das pauschale Verbot und machten geltend, strengere landesrechtliche Regelungen stünden im Widerspruch zum Bundesrecht. Außerdem sei die Ungleichbehandlung gegenüber Rauchern anderer legaler Substanzen wie Tabak nicht nachvollziehbar.

Laut dem Gericht lässt das Bundesgesetz keine restriktiveren Landesregelungen zu, wenn es hierfür keine tragfähigen sachlichen Gründe gibt. Im weniger stark besuchten Norden des Englischen Gartens sehen die Richter vorläufig keinen durchgreifenden Grund für ein Verbot, auch wegen der gebotenen Gleichbehandlung von Cannabis-, Tabak- und Alkoholgenuss. Sie betrachten es deshalb als vertretbar, bis zur Klärung der Hauptsache Cannabis zu erlauben. Im südlichen Bereich des Englischen Gartens sowie im Hof- und Finanzgarten bleibt das Verbot hingegen bestehen. Dort überwiege aufgrund der hohen Besucherdichte und der Nähe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen das Interesse am Schutz Dritter vor Gesundheitsgefahren und Belästigungen.

Das Gericht betont den vorläufigen Charakter seiner Entscheidung. Die komplizierten Sach- und Rechtsfragen müssten später im eigentlichen Prozess geklärt werden. Dennoch hat der Beschluss Signalwirkung für andere Kommunen. Er macht nämlich klar, dass es für ein Verbot des öffentlichen Cannabis-Konsums besserer Gründe bedarf als die bloße Ablehnung des Gesetzes von Karl Lauterbach (Aktenzeichen 10 NE 25.827).

Online-Kauf: Fax war gestern

Seit Jahren wird diskutiert, ob die vorgeschriebene Widerrufsbelehrung bei einem Online-Kauf eine Faxnummer für den Widerruf enthalten muss. Der Bundesgerichtshof sorgt mit einem aktuellen Urteil für weitere Klarheit. Fax war damit gestern.

Bei Widerrufsbelehrungen genügt es laut dem Gericht, wenn eine Postanschrift und eine E-Mail-Adresse angegeben sind. Damit werde die vom Gesetz gewollte „einfache Kontaktaufnahme“ umgesetzt. Eine Faxnummer muss also nicht genannt werden. Laut dem Urteil schadet es nicht mal, wenn der Verkäufer zusätzlich eine Faxnummer nennt – selbst wenn sich diese als nicht erreichbar herausstellt. Das Gericht hält den „durchschnittlichen Verbraucher“ für so schlau, dass er in diesem Fall einen Brief schickt oder eine E-Mail schreibt (Aktenzeichen VIII ZR 5/25).

Gericht möchte nicht gendern

Ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf bremst die Sprachpolizei im juristischen Bereich. Die kurze, aber klare Message: Das Handelsregister gendert nicht.

Eine GmbH wollte die Angaben für ihre Geschäftsleitung im Handelsregister anpassen. Aus „Geschäftsführer“ sollte „Geschäftsführung“ werden. Hintergedanke: Alles soll moderner, inklusiver und streng geschlechtsneutral sein.

Doch daraus wird nichts. Die Richter stellen klar: Im Handelsregister ist die Bezeichnung „Geschäftsführer“ nicht nur historisch gewachsen, sondern auch präzise. Zwischen „Geschäftsführer“ und „Geschäftsführung“ gebe es einen juristischen Unterschied. Erstgenannter ist und bleibt die natürliche Person, die Leitungsmacht ausübt und entsprechende Pflichten hat. „Geschäftsführung“ hingegen bezeichnet die Funktion oder das Organ an sich, nicht aber die handelnde Person.

Eine Doppelnennung (Geschäftsführerin/Geschäftsführer) sei ebenfalls nicht notwendig. Bereits der verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sorge dafür, dass das Registergericht den Begriff „Geschäftsführer“ nur geschlechtsneutral verwende und verstehe. Es handele sich um das generische Maskulinum, das sprachlich für jeden gilt. Der Antrag wurde somit zurückgewiesen (Aktenzeichen 3 Wx 85/25).


Karikatur: wulkan

Mann setzt Katze aus: Geldstrafe

Das Amtsgericht Schwarzenbek in Schleswig-Holstein hat einen 33-Jährigen wegen Tierquälerei verurteilt. Der Mann hatte im Januar 2024 seinen Kater in einem verschlossenen Rucksack am Straßenrand ausgesetzt.

Vor Gericht äußerte sich der Mann nicht, jedoch bestätigten Zeugen, dass die Katze ihm gehört. Die Geldstrafe für die Tierquälerei beträgt 600 Euro, wobei der Mann auch noch wegen anderer Delikte verurteilt wurde. Ein Gutachter bescheinigte dem Angeklagten verminderte Schuldfähigkeit.

Der Katze geht es übrigens gut. Eine Passantin entdeckte das unterkühlte Tier; es wurde dem Tierschutz übergeben.

Koffer mit Medikamenten weg – wer haftet?

Ein älteres Ehepaar hatte eine Kreuzfahrt bei einem Münchner Reiseveranstalter gebucht, inklusive Transfer vom Hamburger Busbahnhof zum Schiff. In ihrem Gepäck befanden sich lebensnotwendige Medikamente für Blutdruck und Cholesterin. Beim Transfer verschwand der Koffer mit diesen Medikamenten aus dem Kofferraum des Busses. Und die Reise? Für das Paar keine Option ohne die täglichen Medikamente.

Die Reisenden sagten die Kreuzfahrt ab und verlangten Rückerstattung (rund 1.700 Euro) sowie zusätzlich rund 460 Euro Schadensersatz für den Kofferinhalt. Der Reiseveranstalter zahlte nur etwa 217 Euro für ersparte Aufwendungen. Die Reise, so der Anbieter, habe keine Mängel aufgewiesen, für das allgemeine Diebstahlsrisiko hafte ein Veranstalter nicht. Immerhin hätten die Reisenden die Medikamente auch ins Handgepäck tun können.

Das Gericht sah den Kofferverlust als eindeutigen Reisemangel. Der Bustransfer habe zur Pauschalreise gehört. Es sei auch nicht erforderlich, Medikamente im Handgepäck bei sich zu haben. Dass die lebenswichtigen Medikamente fehlten, machte die Reise für die Eheleute nach Auffassung des Gerichts unzumutbar. Auch beim Schadensersatz für die verlorenen Gegenstände gab es einen Teilerfolg – allerdings mit erheblicher Kürzung, weil den Reisenden Belege für den Kofferinhalt fehlten (Aktenzeichen 223 C 12480/23).

Vermutung oder Verdacht

Aus einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts:

Der Beschuldigte ist dieser Taten verdächtig aufgrund der bisherigen polizeilichen Ermittlungen. Der Beschuldigte konnte über die IP-Adresse ermittelt werden. Dieser Sachverhalt konnte bislang abschließend nicht geklärt werden; es besteht nach bisherigen Erkenntnissen der naheliegende Verdacht, dass eine Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln führen wird.

Das ist an sich ein altbekannter Textbaustein. Nur ist im Original von einer naheliegenden Vermutung oder tatsächlichen Anhaltspunkten die Rede, nicht von einem naheliegenden Verdacht. Aber wer möchte schon Sprachkritik betreiben, wo doch gerade die Justiz mit dem Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen kaum noch nachkommt.


Karikatur: wulkan

Ist das Hakenkreuz auf dem Stimmzettel strafbar?

Der bisherige Vizepräsident des baden-württembergischen Landtags, Daniel Born, hat bei einer geheimen Abstimmung seinen Stimmzettel gestern mit einem Hakenkreuz bemalt. Heute zieht der SPD-Politiker die Konsequenz. Er tritt als Präsident zurück und verlässt die SPD-Fraktion. Sein Mandat gibt er aber nicht auf, zumindest bislang. Unabhängig von den politischen Konsequenzen hat der Mann auch strafrechtlichen Ärger zu erwarten. Ob es am Ende zu einer Verurteilung reicht, ist allerdings fraglich.

Nachdem sich herausstellte, dass es sich wegen unterschiedlicher Wahlurnen nicht um das Fehlverhalten eines AfD-Abgeordneten handeln konnte und insbesondere das ursprüngliche Geschimpfe der grünen Landtagspräsidentin über Extremisten nicht mehr überzeugend wirkte, musste sich Born wohl bekennen. Allerdings gibt er in seiner Rücktrittserklärung doch wieder der AfD die Schuld. Die Sorge vor mutmaßlichen Rechten habe ihn in eine Art psychischen Ausnahmezustand verletzt, der dann in der Hakenkreuz-Schmiererei sein Ventil gefunden zu haben scheint.

Dass Born zu den Guten gehören möchte, schützt ihn allerdings nicht vor einer Verurteilung. Das Verwenden des Hakenkreuzes setzt zwar vorsätzliches Handeln voraus, aber keine nationalsozialistische Gesinnung. Es genügt, wenn der Täter weiß, dass es sich um ein verbotenes Symbol handelt. So zumindest die Rechtsprechung bisher. Born dürfte nach allem, was wir bisher wissen, vorsätzlich gehandelt haben.

Allerdings verlangt § 86a StGB als Tathandlung ein „Verbreiten“. Der Besitz eines Hakenkreuzes, zum Beispiel in einem Buch, ist nicht strafbar. Selbst zum Beispiel ein Besucher in der eigenen Wohnung das Hakenkreuz im Buch betrachtet. Verbreiten setzt vielmehr voraus, dass der Inhalt an einen „größeren, für den Täter nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis“ gelangt oder gelangen soll. Die Zahl Landtagsmitarbeiter oder Abgeordneten, die Stimmzettel auszählen, dürfte doch eher überschaubar sein. Das wird für ein Verbreiten eher nicht reichen. Somit bleibt nur eine weitere Möglichkeit: dass der Täter eine Weitergabe durch die betreffenden Personen wünscht oder sogar ausdrücklich anstößt. Auf so viel Zuspruch konnte der Politiker aber sicherlich nicht vertrauen.

Politisch Harakiri, aber strafbar? Eher nicht.